PASCAL BEUCKER ÜBER DIE RÜHE-KOMMISSION UND BUNDESWEHREINSÄTZE: Bundestag darf weiter abnicken
Die Bundeswehr darf Parlamentsarmee bleiben, weil das Parlament ohnehin stets zuverlässig und schnell alles abnickt, was sich die Regierung an Auslandseinsätzen der Bundeswehr wünscht. Das ist, etwas böse formuliert, die Quintessenz des Berichts der „Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“, den Exverteidigungsminister Volker Rühe heute Bundestagspräsident Norbert Lammert überreicht.
Über 140 Anträge für die Entsendung deutscher Soldaten ins Ausland stellten seit 1994 die Bundesregierungen von Kohl über Schröder bis Merkel. Allesamt wurden sie positiv entschieden – egal wie fragwürdig der jeweilige Einsatz war. Auch seien Verzögerungen von EU- und Nato-Einsätzen nicht festzustellen gewesen, konstatiert die Rühe-Kommission. Vor diesem Hintergrund per pauschalem Vorratsbeschluss die Beteiligungsrechte des Parlaments massiv einzuschränken, wie dies einige Außen- und Verteidigungspolitiker der Union gefordert haben, scheint da selbst aus Regierungssicht absurd. So überrascht es nicht, dass die von Linkspartei und Grünen boykottierte Kommission dieses Ansinnen zurückweist.
Die Rühe-Kommission hat geliefert, was die Regierungskoalition bestellt hat. Denn ihr Auftrag war nicht, den Parlamentsvorbehalt generell infrage zu stellen, sondern „Möglichkeiten der Abstufung der Intensität parlamentarischer Beteiligung nach der Art des Einsatzes“ zu untersuchen. Genau das hat sie gemacht. Das Ergebnis: Nicht mehr jeder bewaffnete Einsatz soll künftig als bewaffneter Einsatz definiert werden. Das bedeutet eine faktische Einschränkung der Parlamentsrechte – was selbst dann problematisch ist, wenn der Bundestag wie bisher nur formal seine Rechte wahrnimmt.
Inland SEITE 6
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen