Nachspielzeit im Schuldenstreit

EUROPA Juncker will bis Ende Juni verhandeln, Griechen machen Zugeständnisse, Schäuble reicht das nicht

BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission ist schon wieder von einer „Deadline“ für Griechenland abgerückt. Nicht bereits beim Treffen der Eurogruppe am Donnerstag, sondern erst Ende Juni müsse der Schuldenstreit gelöst sein, sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. So lange sei man weiter verhandlungsbereit.

Gleichzeitig distanzierte sich die EU-Behörde von dem deutschen EU-Kommissar Günther Oettinger. Der CDU-Politiker, der in Brüssel für das Internet zuständig ist, hatte einen „Notfallplan“ für den Fall gefordert, dass Griechenland aus dem Euro ausscheiden sollte. Der „Grexit“ ist offiziell jedoch gar nicht vorgesehen; Juncker hat ihn immer wieder ausgeschlossen.

Selbst bei einer Staatspleite könnte Griechenland nicht zum Verzicht auf den Euro gezwungen werden. In Brüssel sucht man daher weiter verzweifelt nach Lösungen im Schuldenstreit. Bei einer wichtigen Kennziffer hat Athen offenbar bereits eingelenkt: Man habe sich auf einen primären Budgetüberschuss (vor Schulden) von einem Prozent geeinigt, sagte eine Kommissionssprecherin.

Bisher hatte Premier Alexis Tsipras nur 0,75 Prozent angeboten. Die Einigung bedeutet, dass die Athener Links-rechts-Regierung nun härter sparen muss. Allerdings bleibe die Frage, „wie glaubwürdig die Verpflichtungen sind, das Ziel zu erreichen“, so die Sprecherin weiter. Hier gehen die Meinungen weit auseinander – auch bei den Gläubigern.

Während die EU-Kommission behauptet, Griechenland müsse keine Renten kürzen und auch keine Löhne drücken, fordert der Internationale Währungsfonds (IWF) genau das. Auch beim Abbau der Schulden gibt es widersprüchliche Signale. So forderte IWF-Chefökonom Olivier Blanchard, die Kreditgeber müssten Athen beim Schuldendienst entgegenkommen; selbst ein Schuldenschnitt sei nicht vom Tisch.

Ein Entgegenkommen hierbei lehnt die deutsche Regierung kategorisch ab. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sei nicht mehr bereit, den Hellenen entgegenzukommen, sagte sein Sprecher: „Der Ball liegt im Spielfeld der Griechen.“ ERIC BONSE

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