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DIPLOMATIE In sechs Monaten soll in Paris ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden. Bei der Vorbereitungskonferenz in Bonn wurden geringe Fortschritte erzielt
VON CHRISTIAN MIHATSCH
CHIANG MAI taz | Das Ziel der Klimaverhandlungen in den letzten zwei Wochen war, aus einer 90-seitigen Ideensammlung einen Vertragsentwurf zu machen, der die unterschiedlichen Positionen der Länder klar aufzeigt. Diesem Ziel sind die knapp 200 Länder nur minimal näher gekommen: Der Text hat jetzt 85 Seiten. Aus Sicht der Leiterin der EU-Delegation, Elina Bardram, ist daher klar: „In diesem Tempo können wir nicht weitermachen.“
Denn im Dezember dieses Jahres soll in Paris ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden. Damit das klappt, brauchen die Minister schon im Sommer einen Vertragsentwurf. Diesen sollen nun die beiden Kovorsitzenden dieses Verhandlungsstrangs erarbeiten. Das ist ungewöhnlich, denn die Kovorsitzenden haben sonst nur eine vermittelnde Rolle, während die Länder den Text unter sich ausmachen. „Ich verfolge diese Verhandlungen jetzt seit 20 Jahren. In dieser Zeit habe ich noch nie erlebt, dass die Länder so viel Vertrauen in die Kovorsitzenden setzen“, sagt Alden Meyer von der US-Organisation Union of Concerned Scientists.
Die Chefin der UN-Klimakonvention, Christiana Figueres, warnt unterdessen die Öffentlichkeit vor einer Fixierung auf den Text: „Schauen Sie nicht nur auf den Text.“ Sie versichert: „Wir sind im Fahrplan.“
Der größte Erfolg der Bonner Klimaverhandlungen war eine Einigung der teilnehmenden Staaten beim Schutz der Regenwälder. Rodung und Abholzung der Wälder verursachen ein Fünftel der globalen CO2-Emissionen. Doch bislang konnten diese Emissionen nicht mithilfe der UN-Klimakonvention reduziert werden, weil sich die Länder nicht auf Schutzklauseln zugunsten von Waldbewohnern einigen konnten.
Dieses Problem wurde in Bonn ausgeräumt: „Wir haben nun einen institutionellen Rahmen für den Schutz der Wälder“ sagt Jaco du Toit von der Umweltorganisation WWF. Damit besteht die Möglichkeit, den Waldschutz auch mit Mitteln des Grünen Klimafonds zu unterstützen. Positiv sehen die Umweltorganisationen auch die Verhandlungen über Klimaschutzmaßnahmen vor dem Jahr 2020: „Ursprünglich gab es große Zurückhaltung, in diese Verhandlungen einzusteigen“, sagt Tasneem Essop vom WWF. „In Bonn haben nun aber alle Länder Vorschläge auf den Tisch gelegt.“
Umweltorganisationen und Diplomaten werden zudem nicht müde, auf das wachsende Momentum im Kampf gegen den Klimawandel hinzuweisen. So haben die G-7-Staaten beschlossen, ihre Emissionen in diesem Jahrhundert auf null zu reduzieren, und der Papst wird nächste Woche eine Enzyklika zum Klimawandel veröffentlichen. Eine neue Studie des Klimaökonomen Nicolas Stern zeigt, dass die Emissionen in China nicht erst im Jahr 2030, sondern eher schon im Jahr 2025 oder noch früher ihren Höhepunkt erreichen werden.
Nicht zuletzt dank China haben außerdem die erneuerbaren Energien die fossilen abgehängt: Weltweit werden mittlerweile mehr Solar-, Wind- und Wasserkraftwerke gebaut als solche, die mit Kohle, Gas und Öl betrieben werden.
„Was gerade passiert, ist beispiellos in der Geschichte der internationalen Zusammenarbeit sowohl hinsichtlich der Vision als auch hinsichtlich der Dimension“, sagt Figueres. „Alles muss sich gleichzeitig bewegen. Das ist natürlich ein sehr komplexer, aber neuerdings auch ein sehr dynamischer Prozess“, verbreitet die Klimadiplomatin Optimismus.
So ganz traut Figueres der Dynamik dennoch nicht. Die Klimaverhandlungen im Oktober wurden von einer Woche auf zwei Wochen verlängert – schließlich ist der Text immer noch ein bisschen lang.