: Griechenland: neue, alte Kompromisse
SCHULDEN Premier Tsipras trifft heute Merkel und Hollande und bringt Reformvorschläge mit
ATHEN taz | Offenbar kommt der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras den Kreditgebern bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer, der Höhe künftiger Haushaltsüberschüsse und sogar bei der politisch umstrittenen Rentenreform entgegen. Mehrere Zeitungen melden, Tsipras sei erstmals bereit, die Frühverrentung in Griechenland abzuschaffen, wenn die Gläubiger Griechenlands ihre Forderung nach schmerzhaften Rentenkürzungen fallen ließen. Bisher stellte Tsipras eine stufenweise Erhöhung der Altersgrenzen bis 2025 in Aussicht.
Ein weiterer Konfliktpunkt ist die Berechnung einer drohenden Finanzierungslücke im Zeitraum 2015–2016: Während die Geldgeber ein „schwarzes Loch“ von über 4 Milliarden Euro im Athener Haushalt befürchten, geht Griechenland von einem Finanzierungsbedarf in Höhe von 2 Milliarden aus und will dementsprechend weniger kürzen. Zudem besteht Athen vehement auf eine „Gesamtregelung“ der Schuldenfrage, am besten durch einen Teilerlass.
Dahinter steht nicht zuletzt politisches Kalkül: Tsipras muss, um den Geldgebern entgegenzukommen, Wahlversprechen brechen. Das könnte er in der eigenen Partei mit dem Hinweis rechtfertigen, immerhin eine Regelung der Altschulden erreicht zu haben – ein Verhandlungsergebnis, das der Vorgängerregierung unter Führung des Konservativen-Chefs Antonis Samaras verwehrt geblieben war.
Es gilt als sicher, dass Tsipras bei einem Treffen mit Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande am Rande des Lateinamerika-Gipfels am Mittwoch über die Kompromissvorschläge aus Athen beraten wird. Grundlage bleibt aus griechischer Sicht ein früheres Reformpapier, das Tsipras Ende vergangener Woche nach Brüssel übermittelt hat.
Dort erklärt sich der Linkspremier unter anderem bereit, bestimmte reglementierte Berufe zu öffnen. Außerdem soll es eine Sonderabgabe für Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von über 5 Millionen Euro geben. Auch die bei Griechen verhasste Sondersteuer für Immobilienbesitzer soll zunächst bleiben, entgegen den Wahlversprechen. JANNIS PAPADIMITRIOU