: Für die taz in Stuttgart
TAZ AKADEMIE Fünf Tage lang sind sie auf dem Evangelischen Kirchentag unterwegs. Die Jungjournalisten über ihr Verhältnis zu Glauben und Kirche
Laila Oudray
Wenn Mama und Papa wüssten, dass ich in Stuttgart fünf Gottesdienste besuche, würden sie sich erschrocken an die Hand nehmen. Sie sind konservative Muslime. In das nächste Taufbecken werde ich mich schon nicht werfen. Ich dachte immer, Protestanten seien ein wenig entrückt, weltfremd und dabei dauerglücklich. Bisher bestätigt sich das. Aber wo gibt es schon Orte, an denen man eine Pfadfinder-Cityroller-Gang trifft?Laila Oudray, 25, studiert Germanistik und Medienwissenschaften in Bonn
Andreas Schmaltz
Getauft, konfirmiert, ausgetreten. Die Info, dass ich auf den Kirchentag gehe, hat bei meinen Freunden schallendes Gelächter ausgelöst. Mein Vorurteil: Christen sind reaktionär – ewig Rückwärtsgewandte, die sich gegen jede gesellschaftliche Neuerung wehren. Die Mehrheit der Teilnehmer der Kirchentages ist mir sehr offen begegnet, allerdings bleiben ein paar Unverbesserliche: Wer in der Menge nicht mitbetet (ich), wird kritisch beäugt. Andreas Schmaltz, 29, Student der Friedens- und Konfliktforschung
Daryna Sterina
Als Kleinkind bin ich, als gebürtige Ukrainerin, in der russisch-orthodoxen-Kirche getauft worden. Ich fühle mich weder zu dieser Kirche noch zu einer anderen zugehörig. Mein Vorurteil über Christen: dass sie konservativ, spießig und pseudoaufgeschlossen sind. Aber ich lasse mich gerne bekehren, vielleicht finde ich auch jemanden in Hippiehosen und mit Joint im Mund Kirchenlieder singen. Bisher allerdings sind sie nur in Pfadfinderuniform gesichtet worden. Daryna Sterina, 21, studiert Law in Context in Dresden
Hanna Voss
Vor zehn Jahren – als Konfirmandin – das letzte Mal bei einem Kirchentag gewesen. Folglich evangelisch und damit gar nicht mal unglücklich. Für ein Theaterstück sogar mal in die Rolle von Martin Luther geschlüpft. Vom Kirchentag 2005 gemerkt und deshalb erwartet: In Grundschulen werden dieser Tage neue Christen gezeugt. Pfadfinder fahren immer noch Cityroller. Mit gefälschten Autogrammen von Martin Luther könnte man ein Vermögen verdienen. Hanna Voss, 24, Studentin der Politikwissenschaft
Josef Wirnshofer
Na, gut. Einen Fleißpunkt hat sich die Kirche verdient. Dafür, dass sie immer wieder versucht, ihre Feste popmusikalisch aufzuhübschen. Mehr als ein Versuch aber ist es nie – auch nicht in der katholischen Kirche, in die ich hineingetauft wurde. Kirchen-Bands sind nicht frisch und kantig. Familiengerecht tränendrüsig geht es zu. Hier trägt am „Abend der Begegnung“ ein Frauenchor Moralinsaures vor. „True Colors“ von Cindy Lauper. Weil es um innere Werte gehen soll. Ach nee. Josef Wirnshofer, 27, Freelancer