DIE JUGEND IST HEISS BEGEHRT. ABER WO NUR TREIBT SIE SICH HERUM UND WIE SPRICHT MAN SIE AN?
: Revolution bei den Öffentlich-Rechtlichen!

ANNE FROMM

Die Jugend, die Jugend, die Jugend. Bei dem Begriff bekommen die Damen und Herren der Öffentlich-Rechtlichen ja gerade Schnappatmung. Jeder will sie. Jeder braucht sie. Aber an Ideen, wie man die jungen Leute erreicht, hapert es.

Immerhin, das im Mai gestartete Nachrichtenformat „heuteplus“ mausert sich da. Einigen Medienjournalisten ist es zwar zu bemüht hipp. Die meisten von ihnen sind allerdings auch nicht die Zielgruppe. Ich gehöre, gerade noch, zur Zielgruppe und mag das Konzept lockerer, personalisierter und trotzdem erklärender Nachrichten. Gut, manchmal wirken die Moderatoren ein bisschen unbeholfen, einige Beträge knarzen, aber das gehört ja eben auch zur Idee von „heuteplus“: ausprobieren, Kritik anhören, besser machen.

Weniger bescheiden kommt dafür das Konzept für das gemeinsame Jugendangebot von ARD und ZDF daher. An dem zerren die Ministerpräsidenten und Senderchefs ja schon seit Jahren. Jetzt, endlich, bewegt sich was. Geschäftsführer Florian Hager hat ein Konzept geschrieben, dem der ARD-Rundfunkrat im Mai zugestimmt hat. Letzte Woche gab dann auch der ZDF-Fernsehrat sein Okay und vor zwei Tagen hat der Branchendienst Horizont den Bericht geleakt. Das dürfte die Senderverantwortlichen ärgern, immerhin muss sich die Rundfunkkommission der Länder im Juni noch damit befassen. Entsprechend vage liest sich das Papier: „Innovationsimpulse“, „kreative Freiräume“, „persönlichkeitsprägende Formate mit authentischen Köpfen“ und „User-Generated Content“. Entwicklersprech. Übersetzt heißt das: Das Jugendangebot, was ausschließlich online verfügbar sein wird, soll ein „Content-Netzwerk“ werden. Es steht also nicht eine einzelne Website im Vordergrund, sondern die Formate werden über die verschiedenen Plattformen im Internet verteilt: YouTube, Facebook, Snapchat, Instagram, Twitter, WhatsApp. Revolution bei den Öffentlich-Rechtlichen! Schließlich sind das die Orte, an denen sich die Jugend aufhält. Und es geht sogar noch einen Schritt weiter: ARD und ZDF wollen mit denen zusammenarbeiten, die sich im Internet so richtig auskennen, „junge Kreative, die wertvollen Input für eine neue Generation von Produzenten liefern“. Bei diesen schlauen Köpfen hält sich die Freude über das geplante Angebot aber in Grenzen. Die fürchten nämlich um ihre eigenen Formate, vor allem aber um ihre Umsätze und die netten Klamotten und Lippenstifte, die sie gesponsert bekommen und bei YouTube in die Kamera halten dürfen. Auch darauf hat das neue Konzept natürlich eine Antwort: „Keines der publizistisch konkurrierenden Angebote leistet in gleicher Weise einen Beitrag zur Erfüllung der demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft.“

Montag

Ingo Arzt

Millionär

Dienstag

Sonja Vogel

German Angst

Mittwoch

Martin Reichert

Erwachsen

Donnerstag

René Hamann

Unter Schmerzen

Freitag

Michael Brake

Kreaturen

So, so, denke ich mir als Zielgruppenangehörige, große Worte. Es stimmt schon, kein deutscher Fernsehmoderator unterhält mich im Moment so gut wie Jan Böhmermann. Aber – Überraschung! – ich fühle mich auch von den Vice-Reportagen gut informiert, lese mal Buzzfeed und gucke Serien bei Netflix. Erfüllt auch meine „demokratischen und kulturellen“ Bedürfnisse.