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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Man setzt auf das Scheitern

■ betr.: „Verwirrungen in Athen“ von Ulrike Herrmann, taz vom 26. 5. 15

Jetzt sind wir doch bald an dem Punkt angelangt, den die Euro-Gruppe samt Troika und unsere Kanzlerin mit ihrem Finanzminister trotz aller anderslautenden Lippenbekenntnisse von Anfang an anvisiert hatten: „Diese linke Syriza-Regierung muss einfach scheitern.“ Sie schadet doch nur unserer bisherigen EU-Politik und bringt uns in Schwierigkeiten, wenn andere Länder merken, dass es außer der verordneten Austerität noch etwas anderes gibt. Von Anfang an setzte man hier auf das Scheitern der neuen griechischen Regierung und gab ihr nie wirklich die Chance zu einem „echten“ Neuanfang. Es gab hier immer wieder nur Druck wegen der mit den Vorgängerregierungen vereinbarten Reformen.

Diese „Hausaufgaben“, wie es bei uns in Deutschland immer so schön heißt, müssen einfach erfüllt werden, bevor man hier über weitere Hilfen für Griechenland redet. So das Mantra aller Beteiligten auf EU- beziehungsweise Geldgeberseite. Was man hiermit auch dem griechischen Volk, das so sehr auf eine Verbesserung seiner Lage durch die neue Syriza-Regierung hoffte, antut, das interessiert doch nicht wirklich.

Vielleicht ist es für Griechenland wirklich besser, den Euro zu verlassen. Ob sich allerdings die EU damit einen Gefallen tut, das möchte ich doch sehr bezweifeln. Die letzten Wahlen in Europa haben deutlich gezeigt, dass das EU-Gebäude auch an anderen Ecken brüchig wird. Aber genau das wollte man ja mit dem bisherigen Verhalten den Griechen gegenüber verhindern. Die Quittung dafür kann noch um einiges teuerer werden als die bisherigen Finanzhilfen für das Land der Hellenen. GÜNTER KÖHLER, Schwabmünchen

Das System Profifußball

■ betr.: „Abgeblattert“ u. a., taz vom 30. 5. 15

Über ein System Blatter wird rauf und runter berichtet und es wird so getan, als sei Korruption in der Fifa jetzt erst richtig wahrzunehmen, und der Eindruck erweckt, es habe alles mit der Person Blatter zu tun. Am System Blatter wird allenfalls erkennbar, wie zutreffend auch hier gilt: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Damit hat es sich aber schon ausgeblattert, und der eigentliche Sumpf ist das System Profifußball als Milliardengeschäft, in und bei dem sich bestens korrumpieren lässt. Wer von der westlichen Wertegesellschaft und wann hat sich denn jemand jemals über leichte unvermeidbare Ermahnungen und Kritiken hinaus zum Korruptionssumpf vorgewagt? Wurde je mehr als kritisch berichtet zu den Skandalen unmenschlicher Sklavenarbeit?

Und was hat es damit auf sich, dass nun gerade die USA, fern der Schweiz und weitgehend von Fußball auch, Gericht halten? Ist es Recht der USA, im Zweifelsfall Gericht über alle Welt zu halten? Oder kann es sein, dass die Spuren der Milliarden an Schmiergeldern größere Kreise ziehen? ROLAND WINKLER, Aue

„Nicht auf den Daumen hauen“

■ betr.: „Das ist ein Beinahe-Wahnsinn“, taz vom 30. 5. 15

Jetzt soll sogar die Paternosternutzung nur nach Einweisung zulässig sein! Was kommt da noch?

Das Begehen von Treppen ist gefährlicher! Brauchen wir demnächst einen Treppenführerschein? Der muss dann in Klassen aufgeteilt sein: steile Treppen, flache Treppen (Barockformat), übliche Treppen. Dann gibt es noch Besonderheiten, denken wir an die Treppe des Pergamonaltars – wunderbar zu begehen. Diese war allerdings jahrelang gesperrt, bis Handläufe angebracht waren. Ach ja, Handläufe, die gibt es ja auch in verschiedenen Ausfertigungen, und bei breiten Treppen sind die Handläufe auch noch weit entfernt.

Der bürokratische Ängstlichkeitswahnsinn kann sich austoben. Es ist schlimmer als in den USA, wo auf den Kaffeebechern „Inhalt ist heiß“ stehen muss. Wir können die USA endlich überholen. Dort scheint nicht gefordert zu sein, dass Hämmer mit „nicht auf den Daumen hauen“ beschriftet sind. Mit einer solchen Aufschrift könnte doch „Überholen, ohne einzuholen“ praktiziert werden.

Der Paternosterführerschein ist so lachhaft, dass es zum Weinen ist. KLAUS KRAUSE, Berlin

Es ist wirklich schaurig

■ betr.: „Der größte Feind der Natur heißt Agrarsubvention“, taz vom 23. 5. 15

In der Tat sehe ich es genauso, dass die Landwirtschaft das größte Problem ist. Es ist unerträglich, wie unsere Natur immer weiter der Landwirtschaft geopfert wird.

In meiner unmittelbaren Umgebung kann ich das jeden Tag sehen. Da werden alte Wiesen komplett mit Glyphosat regelrecht totgespritzt, um dann ein fürchterlich hartes, allerdings mehrfach im Jahr zu mähendes Gras zu säen, auf dem kein anderes Kraut mehr wächst. Unmengen von Gülle werden auf die Maisäcker, die über zig Jahre an derselben Stelle sind, ausgebracht. Hecken und Knicke und solche ehemals natürlichen Stellen, wo wir früher als Kinder gespielt haben, gibt es fast nicht mehr. Die verschwinden, damit Platz ist für diese riesigen Landmaschinen, die heute benutzt werden. Jeder Quadratmeter wird genutzt. Winzige Eckstücke, die mit Traktoren nicht erreicht und bearbeitet werden können, werden dann großzügig als Naturstücke präsentiert.

Es ist wirklich schaurig! Intakte Böden, Landschaft und vor allem sauberes Grundwasser gibt es bald nicht mehr.

MICHAEL DRESCHER, Rhauderfehn