Weinlese als Hängepartie

WEIN Nachdem dem bisherigen Winzer ein Pachtvertrag verweigert wurde, steht das Weingut Britz vor einer un- gewissen Zukunft. Der Bezirk Neukölln will zunächst die Verhältnisse ordnen

■ Viktor Sucksdorf stammt aus einer Winzerfamilie. 1997 zog es ihn aus der Republik Moldau nach Berlin. Seit 2002 baut er auf einer ehemaligen Brachfläche im Süden Neuköllns Wein an, rund 1.000 Rebstöcke stehen auf dem Gelände. Die 28 Rebsorten werden auch vor Ort gekeltert.

■ Das Weingut Britz ist nicht das einzige in Berlin. Es gibt noch ein halbes Dutzend andere Weingüter in der Stadt, zum Beispiel in Kreuzberg oder Prenzlauer Berg.

■ Wein hat hier durchaus Tradition: Bis ins zwölfte Jahrhundert reicht die Berliner Weingeschichte zurück, als Mönche Wein anbauten. (rom)

VON RONNY MÜLLER

Seine Privatsachen habe Winzer Viktor Sucksdorf schon vom Gelände des Britzer Weinguts geräumt, sonst aber ist am Koppelweg zwischen Britzer Garten und Teltowkanal alles wie immer: Die Weinreben ranken sich auf dem etwa 5.000 Quadratmeter großen Gelände der Neuköllner Sonne entgegen.

Ob das auch in Zukunft so bleibt, ist aktuell unklar. Nachdem der bisherige Pächter des Grundstücks, die Projektagentur Domäne Dahlem, den Vertrag zu Ende Dezember 2014 gekündigt hatte, stellte der „Verein zur Förderung der Berliner Weinkultur“ um Winzer Sucksdorf einen Pachtantrag beim Bezirk Neukölln, dem das Gelände gehört.

Sucksdorf baut seit 2002 auf dem Gelände Wein an, seit 2008 betreibt der Verein Bildungsarbeit rund um den Weinbau, erklärt Schulklassen und anderen Interessierten, wie das mit dem Anbau und der Verarbeitung des Weins funktioniert.

Der Bezirk hat das bisher geduldet, die Arbeit auf dem Weingut Britz musste jedoch – wie auch die anderer Berliner Weingüter – nichtkommerziell bleiben. Da Berlin vom deutschen Weingesetz nicht als Weinbaugebiet akzeptiert ist, darf der auf dem Britzer Gut angebaute Wein nur verschenkt oder gegen Spende abgegeben werden.

Mitte Januar erteilte der damalige Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky dem Bemühen des Vereins um einen Pachtvertrag eine Absage und verwies auf eine Verordnung, die hobbymäßigen Weinanbau nur auf einer Fläche bis zu 100 Quadratmetern dulde. Sucksdorf sollte daraufhin das Gelände zeitnah räumen, als Termin wurde der 31. Mai festgelegt.

Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey teilte der taz mit, Sucksdorf habe ohne Genehmigung des Bezirks Wohnwagen und Gebäude auf dem Gelände errichtet, das Bezirksamt wolle nun zunächst die Verhältnisse ordnen. Dazu soll Sucksdorf heute am Montag das Gelände und alle Schlüssel an die Projektagentur und das Bezirksamt zurückgeben. Anschließend will der Bezirk das Gelände neu ausschreiben. Viktor Sucksdorf habe bereits viele Interessenten für einen Betrieb des Weinguts begeistern können, sagt Giffey. Ihr zufolge soll sich auch der „Verein zur Förderung der Berliner Weinkultur“ selbst um einen Pachtvertrag bewerben können. „Dazu muss aber erst einmal klar sein, wer außer Sucksdorf hinter dem Verein steht.“

Winzer hat Hoffnung

Der hat die Hoffnung, dass es mit dem Weingut Britz weitergeht und er sich weiterhin um seine Reben kümmern kann. Eine Lösung stellt Giffey jedoch erst im Spätsommer oder Herbst in Aussicht. Bis dahin soll das Weingut nicht verwildern. Wie und von wem die Weinreben in der Zwischenzeit gepflegt werden, werde aktuell mit der Projektagentur Domäne Dahlem besprochen.