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Archiv-Artikel

KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

NOEMI MOLITOR

Da stehen sie, wie ausgegossen. Vier graue Figuren aus Beton und Kunstharz, die zu zerfließen scheinen, sich wegbiegen, als wollten sie verschwinden. Immer kleiner werdend von links nach rechts. Allein der Anblick erzeugt Beklemmung. Der Titel unterstreicht nur noch, was sie längst auslösen: „When My Mother Was Dying“ heißt diese Skulpturengruppe von Asta Gröting in der Galerie carlier | gebauer – ein eindrücklicher Umgang mit Trauer; lebensgroße Manifestationen erstarrter Emotionen. Von hinten sind sie hohl, doch es ist eine ausdifferenzierte Leere, detailreicher noch als die glatteren Vorderseiten. Jede Hemdfalte, jeder Knopfabdruck ist sichtbar, als hätte sich jemand mit aller Kraft in alle Fugen des Betons gepresst, um sich in ihm festzuhalten. 2012 und 2013 gab es die Vierergruppe schon einmal als „Space Between Four People“, zunächst in glänzendem Aluminium, dicht zusammengedrängt, beide Seiten, die rauen und die glatten, gleichzeitig sichtbar. Hier sind die Vorder- und Rückseiten nun sauber in ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen der Unruhe aufgeteilt, stehen in deutlichem Abstand zueinander. Auch wenn verschiedene Familienmitglieder dargestellt sind, wirkt ihre Konstellation wie der Regress eines einzigen Menschen, der im Vermissen und Erinnern immer kleiner wird. (Di–Sa 11–18, Markgrafenstraße 67).

Ganz zu unkenntlichen Steinhaufen verschmelzen William Tuckers Skulptur-Figuren in der Buchmann Galerie. Dass sie aus Bronze gegossen sind, lässt sich nicht erkennen – genauso gut könnten sie Felsbrocken sein. „Oedipus III“, eine in Zinnoberrot leuchtende Skulptur, scheint durch ihr Gewicht an beiden Enden nach unten gezogen und schwebt doch in der Mitte des Raumes in der Luft. „Frenhofer“ – eine Anspielung auf Balzacs tragische Malergenie-Figur, die am Ende ihr ganzes Werk verbrennt – ragt über zwei Meter in die Höhe und Breite. Eine Auftürmung und Übereinanderstauung der Schaffens-Energie. (Di-Sa 11–18, Charlottenstr. 13)

Eine Entfesselung kreativer Impulse wird es am kommenden Sonntag bei Momentum geben. Im Rahmen der „Works on Paper III“-Ausstellung steigen die Performances „S P A C E“ von Melisa Palacio López & Noise Canteen und „Pfffffff – To Gather Instant Purification“ von ff. Die Tänzerin Palacio López und das experimentelle Musik-Duo Noise Canteen experimentieren mit Raumwahrnehmung. Ebenfalls Klänge, aber auch Gerüche kündigt das ff-Kollektiv an; beides sind Hilfsmittel, um in schwierigen Situationen präsent zu bleiben. Das Publikum wird einbezogen, wer kommt, ist auch wirklich dabei. (31. 5., 16 h, Mariannenplatz 2)