: Mieten-Initiative auf Erfolgskurs
VOLKSBEGEHREN Bündnis für günstigere Mieten sammelt offenbar viel mehr Unterschriften als nötig – und liegt damit auf Augenhöhe mit der erfolgreichen Tempelhof-Kampagne
■ Die Initiatoren des geplanten Mietenvolksentscheids streben eine Abstimmung parallel zur Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2016 an. Dafür müssen sie folgende Hürden nehmen:
■ Damit es zu einem Volksbegehren kommt, müssen in einer ersten Stufe 20.000 Unterschriften von wahlberechtigten BerlinerInnen gesammelt werden. Eigentlich sind dafür sechs Monate Zeit. Das Bündnis schaffte das innerhalb von Wochen.
■ Anschließend berät das Abgeordnetenhaus über die Vorlage – und kann sie in ihrem „wesentlichen Bestand“ annehmen. Lehnt das Parlament den Gesetzentwurf des Bündnisses ab, kommt es zur zweiten Stufe des Volksbegehrens: 7 Prozent der wahlberechtigten BerlinerInnen – rund 175.000 – müssen für die Initiative unterschreiben, um einen Volksentscheid herbeizuführen. (taz)
VON STEFAN ALBERTI UND ANTJE LANG-LENDORFF
Das Bündnis für einen Mietenvolksentscheid hat die erste Hürde locker genommen. „Wir haben deutlich über 30.000 Unterschriften für die Einleitung des Volksbegehrens gesammelt“, sagte Sprecher Rouzbeh Taheri der taz. Für ein Volksbegehren müssen lediglich 20.000 gültige Unterschriften zusammenkommen, und das binnen sechs Monaten – die Initiative brauchte weniger als zwei. Der große Zulauf deutet darauf hin, dass das Bündnis auch bei einem Volksentscheid gute Chancen hätte: Die überaus erfolgreiche Initiative gegen die Bebauung des Tempelhofer Felds im vergangenen Jahr hatte zum Start rund 33.000 Unterschriften gesammelt.
In der zweiten Stufe des Verfahrens kann das Mietenbündnis nun versuchen, einen Volksentscheid durchzusetzen, möglichst parallel zur Abgeordnetenhauswahl – voraussichtlich im September 2016. Dazu sind binnen vier Monaten rund 175.000 gültige Unterschriften nötig.
Der Gesetzentwurf, über den dann abgestimmt würde, sieht sowohl für die landeseigenen Wohnungsunternehmen als auch für Sozialwohnungen vor, die Miete nach dem jeweiligen Einkommen zu staffeln. Davon könnten nach Berechnungen der Initiative rund 400.000 Haushalte profitieren. Die Schätzungen über die Kosten dafür gegen weit auseinander: Der Senat geht von jährlich 560 Millionen Euro aus, das Mietenbündnis von 151, also nur einem Viertel davon.
Nach Vorstellungen der Initiatoren sollen die landeseigenen Wohnungsunternehmen zudem nur noch gemeinnützig agieren. Die Forderungen umfassen auch ein kommunales Neubau- und Ankaufprogramm. Die Regulierung des privaten Wohnungsmarkts kommt im Gesetzentwurf nicht vor: Hier kann nur ein Bundesgesetz Vorgaben machen.
Das Abgeordnetenhaus könnte das Verfahren stoppen, wenn es den Entwurf, wie es in der Landesverfassung heißt, „in seinem wesentlichen Bestand unverändert“ übernimmt. Das ist allerdings bei über 20 Anträgen auf ein Volksbegehren erst einmal passiert, im Jahre 2009 bei der Forderung nach mehr Kita-Personal: Diese unterschrieben in der ersten Phase über 66.000 Bürger, dreimal so viele wie erforderlich. Danach war dem – damals rot-roten – Senat klar, dass eine Übernahme schlauer sein würde, als bei einem Volksentscheid in eine sichere Niederlage hineinzulaufen.
BÜNDNIS-SPRECHER ROUZBEH TAHERI
Auch mit anderen großen Volksbegehren liegt die Mieteninitiative fast gleichauf: Die Forderung nach Offenlegung der Wasserverträge, die Anfang 2011 in den ersten erfolgreichen Volksentscheid überhaupt mündete, sammelte in der ersten Stufe 38.600 Unterschriften. Das im Herbst 2013 knapp gescheiterte Energiebegehren kam auf rund 36.000. Nach Prüfung durch die Verwaltung blieben davon jeweils einige tausend weniger: 10 bis 15 Prozent der Unterschriften sind üblicherweise ungültig.
Täglich Listen in der Post
Bei der Initiative gehen derzeit jeden Tag ausgefüllte Listen per Post ein. Am Sonntag will das Bündnis die gesammelten Unterschriften genau durchzählen und sie am Montag der Senatsverwaltung für Inneres übergeben. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich bereits für Verhandlungen mit dem Initiatoren ausgesprochen. Deren Sprecher Taheri gibt sich offen: Bei einem vernünftigen Vorschlag sei man gesprächsbereit.