Entscheidung nach Jahrzehnten des Stillstands

RATHAUSFORUM II Vor Jahresende soll die Zukunft der historischen Mitte zwischen Fernsehturm und Spree geklärt sein. Das Online-Beteiligungsverfahren „Alte Liebe, neue Mitte?“ soll dabei helfen, doch die Vorschläge gehen weit auseinander. Am Ende soll ein Ergebnispapier für das Abgeordnetenhaus herauskommen

Für Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) ist es ein Ort, an dem „die Wunden des Kalten Kriegs sehr stark wirken“. Weiter geteilt in Ost und West ist Berlin aus seiner Sicht bei der Frage nach der Zukunft des Gebiets zwischen Spree, Bahnhof Alexanderplatz und Rotem Rathaus, das mal Historische Mitte heißt, mal Berliner Mitte, mal Rathausforum. Ende des Jahres soll das Abgeordnetenhaus entscheiden. Die nötige Grundlage dafür soll das Beteiligungsverfahren „Alte Liebe, neue Mitte?“ liefern, dessen erste Etappe nun abgeschlossen ist.

Jahrzehnte schon währt der Streit, was aus dem Gebiet werden soll. Einigkeit herrscht bloß darin, dass es nicht so bleiben kann wie jetzt. Zu wenig Aufenthaltsqualität hat der Platz im Stadtplanerdeutsch. Einfacher gesagt: Es ist derzeit kein lauschiger Ort, kein Flecken, an dem Menschen stehen bleiben.

Grob gesagt gibt es zwei Lager: diejenigen, die den Platz bloß begrünen und etwas schöner machen, ihn aber grundsätzlich frei halten wollen. Und jene, die ihn bebauen wollen, in zugespitzter Form alte Bürgerhäuser nachbauen wollen.

Osten und Westen

Laut Geisel, der sich dabei auf Bürgerpost an ihn stützt, lässt sich die erste Gruppe im Osten der Stadt verorten, die zweite im Westen. Die CDU-Fraktion hat bereits deutlich gemacht, dass sie an die bürgerliche Vergangenheit des Areals erinnern will.

Beim Koalitionspartner SPD ist die Linie noch offen, seine führenden Stadtentwicklungspolitiker drängen allerdings auf einen vorwiegend grünen Platz. SPD-Landeschef Jan Stöß hingegen hat sich bereits 2013 für moderne Architektur entlang des historischen Stadtgrundrisses ausgesprochen. Grüne und Linkspartei distanzierten sich von dichter Bebauung.

Beim jetzt abgeschlossenen Onlinedialog im Beteiligungsverfahren ließen sich nicht nur Vorschläge beisteuern. Es war auch möglich, die anderen Ideen zu bewerten. 3.200 Vorschläge und Bewertungen kamen zusammen, alle sollen ausgewertet und bei einem Halbzeitforum am 5. September diskutiert werden. Beteiligt sein sollen sechs Teilnehmer, deren Vorschläge die besten Rückmeldungen bekommen haben.

Am Ende soll ein Ergebnispapier für das Abgeordnetenhaus herauskommen. Senator Geisel erwartet darin nicht einen einzigen Vorschlag, sondern „zwei oder drei“. Bei aller Bürgerbeteiligung sieht CDU-Stadtentwicklungsexperte Stefan Evers die Parlamentarier in der Verantwortung: „Die Entscheidung wird man uns nicht abnehmen können.“ STEFAN ALBERTI