: Wer hat, der kriegt
DRITTMITTEL Forschungsstarke Universitäten nehmen immer mehr Geld ein
BERLIN taz | 2013 haben die deutschen Hochschulen 7,1 Milliarden Euro für Forschungszwecke eingeworben. Das entspricht einem Viertel ihrer Gesamtausgaben, die Kliniken nicht eingerechnet. Die Wirtschaft bleibt der drittgrößte Geber, von Unternehmen stammen rund 1,4 Milliarden Euro. Die wichtigsten Drittmittelgeber sind die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG (2,3 Milliarden) und der Bund (1,9 Milliarden Euro).
Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts bestätigen einen klaren Trend: Der Anteil der Gelder, die die Hochschulen aus der Wirtschaft oder bei öffentlichen Forschungsprogrammen einwerben, wächst stark. 1990 akquirierten deutsche Hochschulen 1,5 Milliarden Euro an Drittmitteln. 2001 waren es 3 Milliarden, 2012 schon 6,7 Milliarden Euro. Da die Grundfinanzierung durch die Länder im gleichen Zeitraum nur geringfügig gestiegen ist, wachsen die Einnahmen auch anteilig am Gesamtbudget stark, zuletzt auf 27,9 Prozent. Andersherum formuliert: Die Länder können die ihnen gesetzlich zugewiesene Grundfinanzierung schon lange nicht mehr gewährleisten.
Wie sich diese Entwicklung auf die einzelnen Hochschulen auswirkt, lässt sich auf dem Portal Hochschulwatch.de verfolgen. Dort kann man einsehen, welche Universität wie viele Drittmittel einnimmt, welcher Anteil von Unternehmen stammt und wie sich die Einnahmen in den letzten vier Jahren verändert haben.
Beispiel TU Dresden: 2013 nahm die Uni 216 Millionen Euro ein, ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Der Anteil der Drittmittel aus Unternehmerhand stieg dabei seit 2010 von 13 auf 19 Prozent.
Beispiel TU Berlin: Ihre Drittmitteleinnahmen haben sich in den letzten fünf Jahre fast verdoppelt. Allein die Fakultät Elektrotechnik und Informatik warb nach eigenen Angaben im vergangen Jahr 41 Millionen Euro ein.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Forschungsschwache Hochschulen haben im Vergleich weniger Geld zur Verfügung. Und sie werden dafür noch bestraft. Denn mit Drittmitteleinnahmen weist die Hochschule ihre Wettbewerbsfähigkeit nach. Eine wettbewerbsfähige Hochschule erhält mehr Geld aus der Landeskasse. Dieses leistungsorientierte Finanzierungsmodell schafft demnach Anreize, möglichst viel Geld einzuwerben. Davon profitieren am meisten die Ingenieurs- und Naturwissenschaften: Laut dem „Hochschulbarometer“ vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft geht fast jeder zweite von Unternehmen eingeworbene Euro an ein Ingenieurfach. Bei öffentlichen Drittmitteln liegen Naturwissenschaften mit rund einem Drittel an der Spitze. Die Folge: Die öffentliche Hand begünstigt forschungsstarke Unis – und die Unis präferieren wirtschaftsnahe Fächer. RALF PAULI