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Archiv-Artikel

Todesurteil für Mursi

ÄGYPTEN Höchststrafe im Massenverfahren für 107 Muslimbrüder. Fußball-Ultras verboten

KAIRO rtr/dpa | Ein ägyptisches Gericht hat den früheren Präsidenten Mohammed Mursi und 106 weitere Mitglieder der Muslimbruderschaft zum Tode verurteilt. Sie wurden für schuldig befunden, 2011 während der Proteste gegen den damaligen Präsidenten Husni Mubarak Polizisten getötet zu haben und aus dem Gefängnis ausgebrochen zu sein.

Wegen Verschwörung mit ausländischen Extremistengruppen verhängte das Gericht am Samstag zudem die Todesstrafe über einen führenden Vertreter der Muslimbrüder, Chairat al-Schater, und 15 weitere Angeklagte. Die Urteile müssen noch dem Großmufti, der obersten religiösen Instanz des Landes, vorgelegt werden, bevor sie vollstreckt werden können. Seine Entscheidung ist allerdings nicht rechtlich bindend. Am 2. Juni soll das endgültige Urteil verkündet werden. Mursi kann dann noch Berufung einlegen.

Mursi nahm den Richterspruch mit einem Lächeln entgegen und reckte im Angeklagten-Käfig die Fäuste in die Luft. Andere Angeklagte, die in einem anderen Käfig vorgeführt wurden, riefen: „Nieder mit der Militärherrschaft!“

Die Anklage hatte von der größten Verschwörung in der Geschichte Ägyptens gesprochen. Nach ihrer Darstellung hatte die Bruderschaft geplant, „Elemente“ in den von der radikalen Palästinenserorganisation Hamas kontrollierten Gazastreifen zu schicken, um sie dort von der libanesischen Hisbollah und iranischen Revolutionsgarden militärisch ausbilden zu lassen. Die von den ägyptischen Behörden als Terrororganisation verbotene Muslimbruderschaft hat alle Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, sie sei eine friedliche Organisation.

Ein anderes Gericht in Kairo verbot am Samstag alle Vereinigungen von Fußball-Ultras und ordnete ihre Auflösung an. Das Gericht folgte einem Antrag von Murtada Mansur, dem Präsidenten des Top-Clubs Zamalek Kairo. Das berichtete die regierungsnahe Internetseite ahram.org. Mansur war eng mit dem Regime Mubaraks verflochten. Er pflegt eine tiefe Feindschaft zu den Zamalek-Ultras, den White Knights.

Im Jahr 2011 unterstützten die White Knights und andere Ultras die Revolution. Mansur war hingegen einer der Unterstützer jener bewaffneten Gruppen, die am 2. Februar 2011 auf Kamelen und Pferden die Demonstranten auf dem Kairoer Tahrirplatz angriffen.

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