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Archiv-Artikel

Außer Kontrolle

KOSTEN Das Land plant Gelder für Baumaßnahmen ein, ohne die Unterlagen geprüft zu haben, kritisiert der Rechnungshof

Noch mehr zu meckern

■ Der Rechnungshof hat noch mehr zu beanstanden: Derzeit fördere das Land Privatschulen mit mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr. Seit mehr als zehn Jahren habe die Senatsverwaltung für Bildung es versäumt, rechtzeitig und vollständig zu prüfen, wie die Schulen das Geld verwendeten, so der Rechnungshof. Er geht von Verlusten in Millionenhöhe aus.

■ Auch bei der Eingliederungshilfe von Behinderten konstatiert der Rechnungshof „schwere Versäumnisse“. Das Land Berlin zahlt dafür rund 660 Millionen Euro pro Jahr. Die zuständige Sozialverwaltung prüfe aber nicht systematisch, ob das vertraglich vereinbarte Personal in den Einrichtungen tatsächlich auch arbeite. Der Rechnungshof habe erhebliche Unterschreitungen der Soll-Personalausstattung festgestellt. (all)

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Millionen Euro Steuergelder versinken an der Staatsoper-Baustelle Monat für Monat im schlammigen Erdreich. Die Gründe für die Kostenexplosion sollen jetzt im Untersuchungsausschuss geklärt werden. Dessen Vorsitzender glaubt, dass der „Knackpunkt“, warum die Sanierung fast 400 statt der veranschlagten 200 Millionen Euro kosten soll, im Vorfeld zu suchen ist: „In der Planungsphase“ sei womöglich nicht gründlich gearbeitet worden, sagte Wolfgang Brauer (Linkspartei) zur taz.

Das ist bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand inzwischen offenbar Standard: Drei Viertel aller neu beginnenden Baumaßnahmen des Landes Berlin an Gebäuden oder Brücken wurden seit 2008 im Haushalt eingeplant, ohne dass geprüfte und genehmigte Bauplanungsunterlagen vorlagen, kritisierte am Montag die Präsidentin des Rechnungshofs, Marion Claßen-Beblo. Der finanzielle Anteil der ungeprüft eingestellten Gelder betrug sogar 90 Prozent.

„Nach unseren Erfahrungen werden große Fehler in der Vorbereitung von Baumaßnahmen gemacht“, so Marion Claßen-Beblo. Die fehlende Prüfung führe zu erheblichen finanziellen Risiken. Auf eine Summe, wie viel Geld deshalb verloren ging, wollte sich Marion Claßen-Beblo indes nicht festlegen.

Neun Baumaßnahmen hat sich der Rechnungshof jedoch genauer angeschaut, darunter den Neubau einer Feuerwache in Gatow und die Grundsanierung eines Gebäudes der Freien Universität. Laut Haushaltsplan sollten sie für 74 Millionen Euro zu stemmen sein, die Kosten stiegen dann jedoch Claßen-Beblo zufolge um 21 Millionen Euro. Gelder für Baumaßnahmen, für die es keine fertigen Planungsunterlagen gebe, dürften nur in Ausnahmefällen im Haushalt veranschlagt werden, mahnte die Rechnungshof-Präsidentin.

So sieht es die Landeshaushaltsordnung eigentlich vor: Bauprojekte müssen demnach einen gestuften Planungsprozess durchlaufen. Ausgaben dürfen nur dann vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden, wenn geprüfte Unterlagen zur Bauausführung, den Kosten, der Finanzierung und dem Zeitplan vorliegen. Nur ausnahmsweise kann etwa wegen Dringlichkeit von diesen Vorgaben abgewichen werden. Der Rechnungshof stellte nun fest, dass sich dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis ins Gegenteil verkehrt hat – obwohl die Voraussetzungen für eine Ausnahme überwiegend nicht vorgelegen hätten.

Die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen schloss sich der Kritik des Rechnungshofes an. „Der Senat baut nach dem Wünsch-dir-was-Prinzip, ohne die Kosten geklärt zu haben, und wundert sich, wie teuer es später wird“, so Clara Herrmann. Baumaßnahmen ohne geprüfte Planungsunterlagen dürften nur absolute Ausnahme sein. Herrmann forderte: „Der Senat muss ein funktionierendes Baukosten-Controlling einrichten und die Bauplanung selbst mit System verfolgen.“