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Archiv-Artikel

Rechtspopulisten regieren in Helsinki

FINNLAND Die Zentrumspartei will mit den Konservativen und den „Wahren Finnen“ koalieren

STOCKHOLM taz | Sipilä, Soini, Stubb: Drei Männer wollen Finnland in den nächsten vier Jahren regieren. Nach zweiwöchigen Sondierungsverhandlungen gab der künftige Regierungschef Juha Sipilä am Donnerstagabend bekannt, eine Koalition seiner Zentrumspartei mit den rechtspopulistischen „Wahren Finnen“ unter Timo Soini und der konservativen „Sammlungspartei“ des bisherigen Ministerpräsidenten Alexander Stubb bilden zu wollen. Die drei Parteien rechts von der Mitte haben 124 der 200 Sitze im Reichstag.

Timo Soini zeigte sich auf einer Pressekonferenz hochzufrieden, dass seine „Wahren Finnen“ erstmals an einer Regierung beteiligt sein werden: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“ Zuletzt hatte 1983 eine Vorgängerpartei der Rechtspopulisten in Helsinki mitregiert. Die „Wahren Finnen“ fordern eine weitere Verschärfung der sowieso schon sehr restriktiven finnischen Flüchtlingspolitik. Inwieweit sie sich damit durchsetzen können, werden die Koalitionsverhandlungen zeigen.

Jedenfalls habe die europäische Tendenz, dass nationalistisch-populistische Parteien mit fremdenfeindlichen Elementen als stubenrein akzeptiert würden und sich etablieren könnten, nun auch Finnland erreicht, konstatiert das liberale Hufvudstadsbladet.

„Harte Zeiten“ würden auf die FinnInen zukommen, vermutet die konservative Zeitung Helsingin Sanomat. Ein „Reform“-Paket, mit dem man die wachsenden Staatsschulden über milliardenschwere Kürzungen im Sozialbereich mindern will, liegt bereit. Und die Gewerkschaften sollen zu Lohnverzicht und einer Aufstockung der Arbeitszeit veranlasst werden, um die tiefe Wirtschaftskrise zu überwinden.

Von der „Männerregierung“ erwartet der Politikwissenschaftler Göran Djupsund von der Einwanderungs- bis zur Familien- und Kulturpolitik einen „wertkonservativen Schwenk“. Finnland verspreche introvertierter, EU-kritischer und weniger liberal zu werden. Das Land, das traditionell immer von breiten Koalitionen regiert wurde, zeige nun eine deutlich zwischen rechtskonservativer Regierung und linksliberaler Opposition gespaltene politische Landschaft.

Und der Vorsitzende der Grünen, Ville Niinistö, warnt bereits: „Die internationale Stellung Finnlands ist gefährdet.“

REINHARD WOLFF