Eigene Jugend- Staatsanwälte für Neukölln

STRAFVERFOLGUNG Justiz richtet Pilotprojekt zur Bekämpfung von Jugendkriminalität ein

Berlins Jugendkriminalität geht zurück. Dennoch will die Justiz bei der Bekämpfung des Phänomens neue Wege gehen. Drei Staatsanwälte werden sich vom 1. Juli an ausschließlich um jugendliche Straftäter aus Neukölln kümmern. „Staatsanwaltschaft für den Ort“ nennt sich das zunächst auf drei Jahre angelegte Pilotprojekt. „Bewährt es sich, machen wir es auch in anderen Bezirken“ sagte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU), der das Vorhaben am Mittwoch im Neuköllner Jugendzentrum Lessinghöhe vorstellte.

Auch vor Ort arbeiten

Das neue Modell soll bei ganz normalen jugendlichen Straftätern ansetzen. Sogenannte Intensivtäter betrifft es nicht. Die Jugendkriminalität sei zwar „leicht“ zurückgegangen, „aber jeder Fall ist einer zu viel“, sagte Heilmann. Mit „Staatsanwaltschaft für den Ort“ ist gemeint, dass die Akten jugendlicher Straftäter aus Neukölln stets bei den gleichen Staatsanwälten landen – auch wenn die Tatverdächtigen aus dem Bezirk wegziehen.

Normalerweise erfolgt die Zuweisung ausschließlich nach dem Buchstabenprinzip. Die drei Staatsanwälte werden weiterhin in Moabit tätig sein, aber regelmäßig zu Gesprächen nach Neukölln kommen. Angestrebt sei, 10 Prozent der Arbeitszeit vor Ort zu verbringen, hieß es.

Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) sagte, er erhoffe sich von dem Projekt auch eine bessere Zusammenarbeit der Behörden. Vertreter von Staatsanwaltschaft, Polizei, Jugendamt, Jugendgerichtshilfe und Schule müssten regelmäßig an einem Tisch zusammenkommen, um sich „abstrakt“ über Problemfälle zu unterhalten. „Fallkonferenzen dürfen wir nicht machen“, sagte Liecke. „Ich kritisiere das.“ Denn wenn in einer kinderreichen Familie ein Kind nach dem anderen straffällig werde, müsse die Behörde die Möglichkeit haben, früh zu intervenieren. Straftätern und deren Familien müssten Grenzen aufgezeigt werden. „Wir dürfen uns als Staat nicht mehr gegeneinander ausspielen lassen“, formulierte Liecke deutliche Worte.

Für sogenannte Intensivtäter, die mehr als zehn Taten begangen haben, und Schwellentäter –mehr als fünf Taten – gibt es schon lange Sonderzuständigkeiten bei der Staatsanwaltschaft. Mit dem Neuköllner Modell der verstorbenen Jugendrichterin Kirsten Heisig, die auf schnelle Prozesse nach der Straftat setzte, hat das Pilotvorhaben nichts zu tun. PLUTONIA PLARRE