: Gilt jetzt nicht mehr: Ist der Ruf erst ruiniert …
LIEBE Die katholische Kirche lockert ihr Arbeitsrecht. Keine Kündigungen mehr für Wiederverheiratete
BERLIN taz | Die katholische Kirche will Menschen, die in katholischen Einrichtungen arbeiten und nicht uneingeschränkt deren gängiger Moral folgen, künftig nicht mehr kündigen. Das verkündete jetzt die Deutsche Bischofskonferenz.
Demnach soll Wiederverheirateten, Homosexuellen in eingetragener Partnerschaft und getrennt lebenden Paaren nicht mehr gekündigt werden, so wie das bislang Praxis ist. Damit reagiert die katholische Kirche auf die anhaltende Kritik von Gläubigen. Ein geschiedener katholischer Kirchenmusiker, der zum zweiten Mal heiratete, diesmal aber eine Protestantin, darf jetzt also weiterhin in seiner Gemeinde orgeln. Und die lesbische Hortleiterin, die ihre Lebensgefährtin geheiratet hat, muss sich nicht von den Kindern verabschieden. Vor allem bei Kündigungen in Kitas und Schulen gab es Elternproteste, die darauf bestanden, dass Liebe und gelebte Sexualität Privatsache seien und die kompetente Betreuung ihrer Kinder damit nichts zu tun habe.
Die Bischofskonferenz beschloss allerdings Ausnahmen: Wer „öffentlich gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche“ wie Propagierung von Abtreibung und Fremdenhass auftrete, müsse dennoch mit einer Entlassung rechnen. Auch für SeelsorgerInnen und ReligionslehrerInnen gilt die bisherige strikte Regelung.
Die Öffnung der katholischen Kirche hin zu mehr Realitätssinn wird weitgehend positiv aufgenommen. So sagte Caritas-Präsident Peter Neher, dass eher das „Bekenntnis zur Kirche“ gesehen werden sollte statt die Lebensführung der Beschäftigten. Verdi-Chef Frank Bsirske meint, zu diesem Schritt gebe es „keine akzeptable Alternative“. Dem Grünen-Politiker Volker Beck geht die Entscheidung nicht weit genug. Er fordert den Gesetzgeber auf, dem kirchlichen Arbeitsrecht stärkere Grenzen zu setzen.
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sieht nur einen kleinen Fortschritt. „Es gibt mehr Möglichkeiten für Einzelfallabwägungen, damit aber immer noch keine bundesweit einheitliche Rechtssicherheit“, kritisierte BDKJ-Chef Wolfgang Ehrenlechner. Und der Lesben- und Schwulenverband rät verpartnerten Homosexuellen „dringend, ihre Verpartnerung weiter geheim zu halten“.
SIMONE SCHMOLLACK
Kommentar auf taz.de