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Archiv-Artikel

Zelle statt Kinderzimmer

1. MAI Erst nach Stunden wurden die Eltern eines 14-Jährigen über dessen Festnahme informiert

Eigentlich sollte Paul (*Name geändert) am 1. Mai um 22 Uhr zu Hause sein. Doch seine Eltern warteten vergeblich auf den 14-jährigen Sohn, der den Tag in Kreuzberg verbracht hatte. Auch telefonisch konnten sie ihn nicht erreichen. Also begannen sie mit der Suche, allerdings ohne Erfolg. Denn Paul war am Abend festgenommen worden – und die Polizei hielt es offenbar über Stunden nicht für nötig, seine Eltern zu informieren.

Die Polizei bestätigt die Festnahme eines 14-Jährigen gegen 21 Uhr am Lausitzer Platz, kurz nachdem dort die Demonstration geendet hatte. Paul berichtet, die Polizisten hätten ihn von hinten getreten, dann sei er in Handschellen abtransportiert worden. Das Handy sei ihm abgenommen und seine Personalien festgestellt worden. Zunächst ging es zur Polizeidirektion in Kreuzberg, anschließend nach Moabit. Hier wurde Paul fotografiert und in eine Zelle mit acht weiteren Personen gebracht.

Das ganze Prozedere dauerte mehrere Stunden. Paul sagt, er habe in dieser Zeit mehrmals darum gebeten, seine Eltern anrufen zu dürfen. Erst um 1 Uhr nachts wurden die Eltern über den Verbleib ihres Sohns informiert, auch das bestätigt die Polizei. Um 2.30 Uhr habe er die Polizeiwache dann schließlich verlassen und zu seinem Vater gehen dürfen, der draußen auf ihn wartete, sagt Paul.

„Der Festgenommene war verdächtig, eine Straftat, nämlich Landfriedensbruch, begangen zu haben“, sagt eine Polizeisprecherin. „Es ist üblich, dass die Beamten in solchen Fällen versuchen, die Eltern zu informieren, das ist ja schlussendlich auch erfolgt.“ Der 1. Mai sei außerdem „kein Regelbetrieb“. Insgesamt sind an diesem Tag laut Polizei sieben Minderjährige festgenommen worden, neben Paul noch jeweils drei 16- und 17-Jährige. MALENE GÜRGEN