: Hilfe statt Warnschüsse und Strafen
KNAST Jugendarrest hat keine abschreckende Wirkung. Niedersachsen setzt deshalb auf bessere Betreuung
Das schlichte Wegsperren junger Gesetzesbrecher soll auch in Niedersachsen der Vergangenheit angehören. Dies sieht ein Gesetzentwurf zum Jugendarrest vor, den die grüne Landesjustizministerin Antje Niewisch-Lennartz vorgestellt hat.
Zwar werden Jugendliche während ihres bis zu vier Wochen langen Arrests auch künftig auf Fernseher und Internetanschluss verzichten müssen – gesichert werden soll aber eine sinnvolle Beschäftigung der Inhaftierten: „Dies kann Schulunterricht, handwerkliche Tätigkeit oder ein Anti-Aggressionstraining sein“, sagte die Ministerin.
Jugendarrest gilt als die letzte Verwarnung vor einer Gefängnisstrafe. Rund 4.000 Jugendliche werden allein zwischen Harz und Küste jährlich so gestraft. Oft wandern sie wegen Diebstählen oder Körperverletzungen in den „Knast auf Probe“. Bis zu 25 Prozent der Inhaftierten aber sind Schulverweigerer, die noch heute ohne jede Betreuung tagelang in den Arrestzellen der Amtsgerichte sitzen.
Bei Fachleuten aus Jugendhilfe und Pädagogik ist der Arrest seit Langem umstritten. Die Rückfallquoten liegen zwischen 60 und 70 Prozent – schließlich trifft die Strafe oft Jugendliche mit Missbrauchserfahrungen: „15 Prozent haben sich vor ihrem Arrest selbst verletzt, sieben Prozent haben Suizidversuche hinter sich“, erläuterte Rainer Karsten, der den Jugendarrest in Vechta leitet.
Praktiker wie Peter Hahlbrock, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für ambulante sozialpädagogische Angebote, fordern deshalb die Abschaffung des Arrests: „Die Gefangenen-Subkultur fördert kriminelles Handeln“, warnt der Pädagoge. Außerdem seien in nur vier Wochen maximaler Arrestzeit kaum Persönlichkeitsveränderungen zu erzielen. „Der Arrest“, sagt Hahlbrock, „bedient nur das Bedürfnis Konservativer nach schnellen Strafen.“ WYP