: Mangelnde Sicherheitskultur
ATOMMÜLL Schleswig-Holstein will AKW-Betreibern strengere Vorgaben für den Umgang mit atomarem Abfall machen. Die Atomaufsicht soll verrostete Müllfässer wie im AKW Brunsbüttel künftig verhindern
Wenn man den Atommüll schon nicht so einfach verschwinden lassen kann, sollte man wenigstens dafür sorgen, dass er keine großen Probleme macht. Tut er aber vor allem im Atomkraftwerk Brunsbüttel, und deshalb will Schleswig-Holsteins grüner Energieminister Robert Habeck schärfere Kontrollen. Sein Ziel ist, „solche erschreckenden Schäden“ wie in Brunsbüttel künftig zu verhindern.
Dort stehen zum Teil seit mehr als 30 Jahren in unterirdischen Kavernen 632 teils verrostete Fässer mit schwach- bis mittelradioaktivem Abfall. Zumeist handelt es sich um Filterharze und Verdampferkonzentrate, die während des Kraftwerksbetriebs bis 2007 angefallen sind. Von 573 mit einer Spezialkamera untersuchten Behältern waren bei mindestens 145 Fässern schwere Beschädigungen festgestellt worden. Bei den weiteren Fässern, die erst bei einer Bergung untersucht werden können, wird dies ebenso vermutet.
Als Konsequenz will Schleswig-Holstein nun die Regeln für die Zwischenlagerung solcher Abfälle verschärfen. Habeck kündigte am Mittwoch mehr Kontrollen und strengere Vorgaben für die Betreiber der Atomanlagen an. Die Überwachung durch die Atomaufsicht setze künftig bereits beim Befüllen der Behälter ein, sagte Habeck, als er einen Untersuchungsbericht zu den Rostschäden an den Brunsbütteler Atommüllfässern vorstellte.
Laut dem 140-seitigen Bericht von Experten – unter anderem vom Öko-Institut und dem TÜV Nord – trat Rost bereits erstmals 1979 als Alterserscheinung bei der Zwischenlagerung von Atommüll auf. Es habe ein strukturelles Versagen gegeben. „Keiner hat die Zwischenlagerung der schwach- bis mittelradioaktiven Abfälle als eine langfristige Aufgabe wahrgenommen, weder die Betreiber noch der Staat“, sagte Habeck. Zudem habe es Mängel in der Sicherheitskultur der AKW-Betreiber gegeben.
Ab September will der Betreiber Vattenfall die Fässer bergen und in 58 Container verpacken. Dies wird etwa drei Jahre dauern. Ab 2022 könnten sie dann ins niedersächsische Endlager Schacht Konrad gebracht werden. Die Einlagerung werde aber Jahrzehnte dauern, warnte Habeck: „Der Stau ist so groß.“ Denn durch den Rückbau von Atomkraftwerken kommt weiterer Abfall hinzu. SVEN-MICHAEL VEIT