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1. Auszug aus "Die Schutzbefohlenenen" von Elfriede Jelinek

DANIEL: In unserer Stimme wird nichts Freches sein, nichts Falsches, wir werden ruhig und freundlich und gelassen und verständig sein, aber verstehen werden Sie uns nicht, wie auch, wenn Sie es gar nicht hören wollen?

FELIX: Verstehen werden Sie nicht,

DANIEL: und unser Reden wird ins Leere fallen, in Schwerelosigkeit,

SEBASTIAN: unser schweres Schicksal wird plötzlich schwerelos sein, weil es ins Nichts fallen wird,

DANIEL: in den luftleeren Raum, ins Garnichts,

FELIX: wo es dann schweben wird,

SEBASTIAN: in Schwebe bleiben wird,

FELIX: im Wasser,

DANIEL: in der Leere, ja.

SEBASTIAN: Aus unseren anspruchslosen Augen werden wir sanftmütig schauen und um eine Decke und etwas zu essen bitten,

FELIX: sehen Sie,

SEBASTIAN: werden Sie Stellvertreter von Stellvertretern, die aber auch alle nicht hier stehen, die vertreten sich woanders, sagen:

FELIX: Ihre Augen sind ja gar nicht anspruchslos, auch wenn Sie das behaupten,

FELIX / SEBASTIAN / DANIEL: sie stellen ja doch Ansprüche! Heute wollen Sie Decken, Wasser und Essen, was werden Sie morgen verlangen? Unsere Frauen, unsere Kinder, unsere Berufe, unsere Häuser, unsere Wohnungen? Was werden Sie morgen verlangen. Heute verlangen Sie vielleicht noch nichts oder nicht viel, aber morgen wird es viel sein, das wissen wir schon, deswegen sind wir ja die Stellvertreter von Stellvertretern von Stellvertretern, die wissen es alle, alle wissen alles, und jetzt wissen es auch wir, obwohl wir es schon vorher gewußt haben, schon vorher.

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