: Die wollen doch bloß Gefahrenabwehr
BÜRGERSCHAFTSWAHL Unverzagt im Kampf gegen die Fünf-Prozent-Hürde: die „Sonstigen“. Welche Asse die Kleinparteien im Ärmel haben, verrät die taz.bremen-Programmvorschau. Teil 1: Die „Bürger In Wut“
In der jüngsten Wahlumfrage stehen die „Bürger in Wut“ (BIW) bei drei Prozent. Den Einzug in die Bürgerschaft hatten sie ohnehin schon bei den letzten beiden Wahlen nur Bremerhaven zu verdanken – aber mit der AfD tritt nun ernstzunehmende Konkurrenz gegen Jan Timkes Rechtspopulisten an.
Denn das AfD-Programm ist dem der BIW nicht unähnlich, beide fischen mit Forderungen nach restriktiver Ausländerpolitik, mehr Polizei und Überwachung und Rückkehr zu Förderschulen und dreigliedrigem Schulsystem im gleichen Wählerbecken. Da gilt es, sich abzusetzen, aber wer nun erwartet, dass die BIW versuchen würde, dem recht grobklotzigen Programm der hiesigen AfD, die eher dem Pegida- denn dem liberalen Flügel angehört, noch einen draufzusetzen, hat sich getäuscht: Das BIW-Programm gibt sich – verhältnismäßig – zahm.
Die Wutbürger halten dort zwar das christlich-jüdische Abendland hoch, fordern aber – wer hätte es gedacht – die Einführung des Fachs „Islamkunde“ an Bremens Schulen, um den „in Deutschland integrierten Euro-Islam zu fördern“. Auch „tatsächlich schutzbedürftige“ Flüchtlinge lehnt die BIW keineswegs ab, solange die „sich in unser Gemeinwesen einordnen und einen positiven Beitrag zur Entwicklung unseres Landes leisten wollen“.
Aber irgendwo sind auch Grenzen, zum Beispiel bei der Ausweitung des Wahlrechts für Ausländer, dem Kopftuch an Schulen oder der Unterbringung von Flüchtlingen. Die seien nicht in Wohnungen, sondern „in angemessenen Gemeinschaftseinrichtungen einzuquartieren“. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, behauptet das Wahlprogramm, seien „weder politisch verfolgt noch auf der Flucht vor Krieg oder Gewalt“ und sollen genauso „zurück in ihre Heimatländer“ wie „kriminelle kurdisch-arabische Clans“ und andere „ausländische Intensivtäter“.
Während die Wutbürger doch bloß Gefahrenabwehr betreiben wollen – auch deutsche Kriminelle hätten bei ihnen kein schönes Leben! – und sich selbst bloß als „konservativ, demokratisch und sozial“ bezeichnen, spricht ihr Dasein außerhalb des Wahlprogramms eine andere Sprache: Da beantwortet der BIW-Abgeordnete Martin Korol die Frage, ob der Islam zu Bremen gehöre, mit einem deutlichen Nein, nordbremische BIW-Bürgerschaftskandidaten „besuchen“ nachts ein linkes Kulturzentrum und tagsüber Bürgerinitiativen, die teils eindeutig rassistisch gegen Flüchtlinge hetzen. Bände spricht auch das BIW-Wahlplakat „Vollzug statt schöner Wohnen“ vor einer Jugendhilfe-Einrichtung in Farge – all das lässt aber Grund zur Hoffnung, dass sich BIW-und AfD-Anhänger so gleichmäßig aufteilen, dass keiner von beiden in die Bürgerschaft kommt. Und das wär doch schön. SIMONE SCHNASE