: Rhythmische Schimpf-Tiraden
MUSIKTHEATER Zum Abschluss der Reihe „Black Box 20_21“ treffen Wiener Chansons auf Galliges von Thomas Bernhard
Mit Stücken von Aribert Reimann und Lyrik von Sylvia Plath ging sie im November 2012 los: Kerstin Schüssler-Bachs und Francis Hüsers höchst ambitionierte, experimentelle Musiktheaterreihe „Black Box 20_21“. Immer neue Texte und Musik des 20. und 21. Jahrhunderts haben die Dramaturgin und der Operndirektor zu neuen Stücken montiert; nun, am Samstagabend, geht die Reihe zu Ende.
Zum Abschluss geht es nach Wien, genauer: auf den Heldenplatz. Dort treffen Kabarettchansons von Friedrich Cerha und Kurt Schwertsik auf Galliges von Thomas Bernhard. „Wien: Heldenplatz“ heißt ein Stück Cerhas, das auf einem Gedicht Ernst Jandls basiert und in grotesken Sprachspielereien den „Anschluss“ Österreichs ans nationalsozialistische Deutsche Reich reflektiert. „Heldenplatz“, so heißt auch Bernhards Drama, das 1988 – 50 Jahre nach diesem „Anschluss“ – einen der größten Theaterskandale Österreichs auslöste: vor allem wegen der langen Hasstirade über den Staat, den wiederaufkommenden und immer noch bestehenden Judenhass in der dritten und letzten Szene. Als Bernhard nach dem Schlussvorhang mit den Schauspielern auf die Bühne kam, war das sein letzter öffentlicher Auftritt in Österreich.
Hüser und Schüssler-Bach montieren Sentenzen aus „Heldenplatz“ und Bernhards Roman „Alte Meister“ mit Auszügen aus Cerhas Zyklus „Eine Art Chansons“ und „Eine letzte Art Chansons“ sowie aus Schwertsiks „Wiener Liedern“. Dass die Mundart stimmt, dafür zeichnen echte ÖsterreicherInnen verantwortlich: die Mezzosopranistin Ida Aldrian und der Bariton Moritz Gogg. Und Bühnenbildner Christian von Götz – ein Nordlicht – hat immerhin an der Donau studiert. MATT
■ Sa, 25. April, 20 Uhr, Opera Stabile, Große Theaterstraße