Der Sound der Straße

GRUNDSATZPAPIER Linkspartei-Chefs wollen von Syriza lernen und fordern einen „Sozialismus 2.0“

BERLIN taz | Die Spitze der Linkspartei will mit einem neuen Konzept an die sozialen Proteste in Südeuropa anknüpfen. „Ein Gespenst geht wieder um in Europa“, schreiben die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger in einem Grundsatzpapier, das sie am Freitag in Berlin vorstellen werden und das der taz vorliegt. Die Erfolge der griechischen Linkspartei Syriza und der spanischen Podemos stellten „die Trostlosigkeit der herrschenden neoliberalen Politik“ infrage. Wenn die Proteste nach Deutschland überschwappten, müsse die Linkspartei darauf vorbereitet sein: „Sollte sich auch in unserem Land eine neue gesellschaftliche Dynamik entwickeln, wollen und werden wir mittendrin sein und nicht am Rande stehen.“

Ins Zentrum ihres Vorschlags stellen Kipping und Riexinger die Demokratisierung verschiedener Lebensbereiche: „Es geht darum, die Demokratie aus ihrer Begrenzung auf das Parlament zu befreien, indem alle gesellschaftlichen Bereiche demokratisch durch die Menschen organisiert werden.“ Der digitale Wandel biete die beste Voraussetzung für diesen Prozess, an dessen Ende ein „freier, grüner, feministischer und lustvoller Sozialismus 2.0“ stehen solle. Für den „Einstieg aus dem Ausstieg des Krisenkapitalismus“ fordern die Linken-Chefs unter anderem verkürzte Arbeitszeiten. Ihre eigene Partei müsse sich ebenfalls bewegen und sich stärker für soziale Bewegungen öffnen, um „den Sound der Straße zu hören und immer wieder neu sprechen zu lernen“.

Ihr sogenanntes Manifest der Zukunft wollen Kipping und Riexinger im Rahmen einer Parteikonferenz vorstellen. Auf der „Linken Woche der Zukunft“ diskutieren bis Sonntag Politiker der Partei und externe Experten über Perspektiven linker Politik.

TOBIAS SCHULZE