: Nation und Antisemitismus
betr.: „Westdeutsche Herrenreiter“ von Rudolf Walther, taz vom 14. 11. 03
Es ist verdienstvoll auf den deutsch-nationalen Ton der Rede Hohmanns hinzuweisen. Aber der innere Zusammenhang von deutscher Nation und Antisemitismus darf nicht übersehen werden. Auschwitz ist immer noch das größte Hemmnis für den Versuch, die deutsche Nation zu rehabilitieren. Daraus entstand der sekundäre Antisemitismus, der Antisemitismus wegen Auschwitz, der nicht anders als der Antisemtismus der Nazis die andere Seite des Nationalismus in Deutschland ist.
Und da wären wir beim Tätervolk, ein Ausdruck, der nichts mit Kollektivschuldvorwürfen zu tun hat, die wohl seit den 50er-Jahren niemand erhob. Der Ausdruck benennt den Nationalismus, durch den die „vorgestellte Gemeinschaft“, die Fiktion „Nation“ gebildet wird, die für die Massenmorde des 20. Jahrhunderts verantwortlich ist. Über die Einbildung von „Nation“ bilden sich stets Täterkollektive aus, weil die moderne antagonistische Gesellschaft keine Einheit hat und nur in der Aggression gegen durch Feinddefinition suggerierte Feinde sich identifizieren kann. Und der Feind, der der deutschen nationalistischen Identifikation im Wege steht, war stets der Jude, von den napoleonischen Kriegen bis heute. Dass die aggressive Variante mehrheitsfähig wird, ist eine der wichtigen Einsichten Walthers.
MARTIN BLUMENTRITT, Hamburg
betr.: „Jetzt bringt Hohmann Roland Koch in Not“, taz vom 17. 11. 03
Die Beteuerungen, Hohmann sei kein Antisemit, sind armselige Versuche, die in der Region Fulda übliche politische Kultur zu kaschieren. Dort sind antisemitische Äußerungen im alltäglichen und öffentlichen Leben an der Tagesordnung, nicht nur von CDU-, auch von vielen SPD-Wählern. Eine Kultur aufgeklärter Toleranz gibt es höchstens im urbanen Bildungsbürgertum. Verfasser dieser Zeilen stammt aus einer Nachbargemeinde Neuhofs und ist unter anderem wegen der dumpf-dreisten Ignoranz weiter Teile der dortigen Bevölkerung in die Großstadt geflüchtet. Es ist beschämend und vielsagend, dass der Fuldaer Bischof im Namen der katholischen Kirche bis heute keine öffentliche Stellungnahme gegen Hohmann abgegeben hat. V. LIPPHARDT, Berlin