„Mitstreiken, das kann ich mir nicht leisten“

DIE STUDENTENMUTTER Johanna Borutta

■ ist 27 Jahre alt und Mutter von zwei Kindern. Sie studiert Sozialökonomie an der Universität Hamburg.

Am Montag hatte ich für meine Kinder bis 18 Uhr einen Babysitter organisiert – und als ich an die Uni gefahren bin, musste ich erfahren, dass die Vorlesung ausfällt. Das ist ärgerlich, denn das kostet mich richtig Geld! Mitstreiken, das kann ich mir gar nicht richtig leisten. Meine Kinder sind ein und sechs Jahre alt. Trotzdem studieren, das erfordert unglaubliches Zeitmanagement. Wenn ich die Kinder wegorganisiert habe, zu den Großeltern, in den Kindergarten oder zum Babysitter, gehe ich nicht Latte macchiato trinken, dann setze ich mich hin und lerne.

Ich finde es beim Bildungsstreik schon richtig, dass die Leute rausgehen und was sagen. Allerdings sind das maximal 50 Prozent der Studenten – und die anderen haben nicht alle Kinder. Vielleicht liegt es daran, dass unsere Eltern fast alle demonstriert haben. Und wir lassen es, aus Rebellion. Meine Eltern haben mich im Kinderwagen auf Demos mitgenommen. Ich und mein Mann haben das auch schon mit Kindern gemacht, gegen Atomkraft. Als Studenteneltern muss man sich entscheiden: Welches Thema finde ich wirklich wichtig?

Ich glaube, beim jetzigen Streik ist vielen das eigentliche Thema nicht klar. Ich habe hauptsächlich mitgekriegt, dass es gegen die Studienbedingungen allgemein geht, für mehr Mitsprache für Studierende und weniger strenge Anwesenheitspflicht im verschulten Bachelorsystem. Das ist gut: Nur zwei Mal pro Semester fehlen, das kriegst du mit Kind nicht hin. Auch, dass du in den drei Jahren Bachelorstudium ständig gute Leistungen bringen sollst, sehe ich mit Kind als nicht machbar an. Ob die Bachelorstudiengänge zu vollgestopft sind mit Stoff, kann ich nicht beurteilen: Ich weiß nicht, wie das ist, wenn man sich seine Zeit frei einteilen kann. Ich ziehe mein eigenes Tempo durch: In der Regelstudienzeit werde ich es eh nicht schaffen.