: Malta bleibt Turteltaubenschreck
TIERE Trotz eines EU-Verbots stimmen die Malteser knapp für den Abschuss von Zugvögeln im Frühjahr
ROM taz | Turteltauben und Wachteln leben gefährlich, wenn sie auf ihrer Wanderung von Afrika aufs europäische Festland Malta überqueren. Denn dort dürfen sie ab dem heutigen Dienstag wieder geschossen werden. Das entschieden die maltesischen Bürger bei einem Referendum am Wochenende mit 50,4 Prozent Jastimmen.
Malta ist der letzte EU-Staat, der auch im Frühjahr die Jagd auf Vögel gestattet. Zugleich ist die Insel wegen ihrer zentralen Lage im Mittelmeer eine wichtige Zwischenstation für die Zugvögel auf dem Weg in die Sommerquartiere. 11.000 Turteltauben und 5.000 Wachteln sind nun zum Abschuss freigegeben. Zum Vergleich: Laut dem deutschen Umweltverband Nabu nisten in Deutschland noch 30.000 Turteltaubenpaare, halb so viele wie noch vor zwölf Jahren.
Damit hat sich auf der Insel die Jägerlobby durchgesetzt. Ihr Revier misst 315 Quadratkilometer und dürfte damit das am intensivsten bejagte Stück Erde sein. Insgesamt 32 Zugvogelarten sind freigegeben. Offiziell darf jeder Jäger am Tag zwei und in der Saison vier Vögel erlegen.
Nur: Zu kontrollieren ist das nicht. 14.000 Jägern und Tausenden von Fallenstellern stehen nur zehn patrouillierende Beamte der Umweltpolizei gegenüber.
Der Vogelschutzverband BirdLife Malta moniert zudem, dass auch geschützte Arten wie Störche, Mauersegler oder Turmfalken wahllos mitgetötet werden. 2011 etwa wurden binnen weniger Stunden sieben Störche erlegt, 2014 ließ Ministerpräsident Joseph Muscat gar die Jagdsaison für einen Monat unterbrechen, nachdem zwei Störche dem Jagdfieber zum Opfer gefallen waren. Viel höher schätzen die Experten die Dunkelziffer ein.
Schon 2009 verurteilte der Europäische Gerichtshof Malta, weil es EU-Recht verletzt. Im Frühjahr haben die Vögel ihre Brutperiode noch vor sich. Sterben sie vorher, unterbricht das die Fortpflanzungskette. Deshalb ist die Jagd im April und Mai EU-weit verboten. Der Inselstaat setzt sich jedoch mit immer neuen Ausnahmen darüber hinweg.
Die Folge: Auch in noch intakten Lebensräumen verzeichnen viele der Arten, die über Malta ziehen, Bestandseinbrüche. Mehrere europäische Umweltverbände forderten die EU-Kommission deshalb am Montag auf, die maltesische Regelung zu kassieren. MICHAEL BRAUN