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Archiv-Artikel

SCHON JETZT GEWÄHLT: DIE DÜMMSTE KARIKATUR DES JAHRES

And the winner is … – wieder einmal: Luis Murschetz. Am Samstag veröffentlichte der 79-jährige Zeichner eine Karikatur in der Süddeutschen Zeitung: Unter dem Wortspielhöllentitel „Affront National“ geleitet die Front-National-Führerin Marine Le Pen ihren Vater aufs Abstellgleis. Eine dürre Zeichnung, die allenfalls als Selbstbeschreibung des greisen Pinselhalters taugt. Wobei das nichts mit dem Alter zu tun hat. Murschetz konnte auch vor 50 Jahren nichts, denn er beherrscht nur ein Mittel – Redewendungen oder Sprichwörter in Szene setzen: Jemand zieht einen Karren aus dem Dreck, auf dem „Europa“ geschrieben steht. In der Samstagsausgabe aber ergab sich die besondere Fallhöhe aus der Reportage auf der Seite drei. Ausnahmsweise einmal kenntnisreich wurden britische Karikaturisten wie Peter Brookes oder Steve Bell mitsamt ihren typischen Werken vorgestellt, ihre Stilmittel, ihre Herangehensweise an Themen, ihr Witz, ihre Running Gags, ihre Boshaftigkeit – und dann blätterte man von Seite drei auf Seite vier und durfte die dümmste Karikatur des Jahres besichtigen: das Abstellgleis von Murschetz. Als größte deutsche Tageszeitung und bayerisches Familienblatt ist die SZ traditionell humorfrei bis -fern. Sie hält sich ahnungslose Redakteure, eine unkomische und bildungsbürgerlich doofe Glosse namens „Streiflicht“, die höchstens noch zur Selbstparodie dient, sowie unverständliche bis debile Karikaturisten von Ivan Steiger bis Luis Murschetz. Entweder die Gegenüberstellung der britischen Qualitätszeichner und des süddeutschen Murksers war eine peinliche Unachtsamkeit oder es war ein kluger intriganter Schachzug, um den Mann endlich loszuwerden und überfällige Veränderungen einzuleiten. Ansonsten kann sich die SZ demnächst in DADZ umbenennen – in „Deutscheste Aller Deutschen Zeitungen“.