piwik no script img

Archiv-Artikel

Mops ist Mode

Sie sind hässlich, sie haben Atemprobleme – und dennoch trappeln viele kleine Mopspfoten durch die Parks. Erbauungsliteratur für stolze Besitzer gibt sogar noch in Hochglanz als postweihnachtliches Selbstschenkbuch

VON KATHARINA RUTSCHKY

Nie werde ich verstehen, warum sich jemand einen Mops kauft und sich damit für einen Begleithund entscheidet, den er auf anständige Weise vierzehn, ja fünfzehn Jahre nicht wieder loswerden wird. Neben der englischen Bulldogge erhebt der Mops Anspruch auf den Titel des hässlichsten Hundes, den Fantasie und Züchterehrgeiz je aus dem Urhund herausgeholt haben.

Warum sich einen Mops zulegen, wenn man für weniger Geld einen herrlichen Cockerspaniel erwerben kann? Dieser Hund, an Schönheit vielleicht nur vom Irish Setter übertroffen, hat einen langen, seidigen Behang, der das Muskelpaket darunter anmutig verhüllt und auch die private parts nicht öffentlich ausstellt. Dazu topflappengroße Schlappohren, die zum Kraulen verführen, und einen abgründigen Blick, der als „Hundeblick“ zu Recht kanonisiert ist und bekanntlich Steine erweicht. Aus den genannten Gründen (weitere auf Anfrage) ist der Cockerspaniel auch noch so fotogen, dass man sich wirklich Mühe geben muss, nicht nur kitschige Bilder von ihm zu produzieren! Möpse kann man natürlich auch fotografieren. Aber warum diese Ansammlung von Fett, einer in Schwarten gefältelten Haut und Glubschaugen auf kurzen, steifen Beinchen auch noch verewigen? Man kann Mopswelpen malerisch neben Blumen platzieren, Ansammlungen von Möpsen ins Wasser stellen oder Großaufnahmen von Schwänzchen machen, die im Idealfall doppelt geringelt sind und genau auf der Rückenmitte, nicht der Hüfte! – getragen werden sollen, aber, unverblümt gesprochen, dabei vor allem das Arschloch zur Besichtigung freigeben. Es ist auch nicht verboten, Close-ups der Mopsgesichter zu machen, die immer rund, plattnasig, schwarz und faltig sind und deren Blick Kenner unweigerlich an Sartre erinnert, der an einer entstellenden Augenkrankheit litt.

Der Mops ist kleiner als der Cockerspaniel und seine Ökobilanz deshalb vermutlich besser. Als grüner Hund geht er trotzdem nicht durch. Ganz im Gegenteil! Die Mopszüchter übertreiben es mit der Akzentuierung der äußeren Merkmale, die jedem Rassehund seine einprägsame, eindrucksvolle Gestalt geben, offenbar immer noch so, wie es bei anderen Züchtern längst nicht mehr üblich ist. Das Verdikt der „Qualzucht“ hat überall Folgen gehabt. Rassemerkmale dürfen nicht auf Kosten der Gesundheit der Tiere gehen.

Dagegen soll der Idealmops immer irgendwie quadratisch sein – so hoch wie lang und breit. Was dazu führt, dass er nicht mal die Andeutung einer Schnauze hat und keinen Hals. Im Extremfall, der gar nicht selten ist, atmet der Hund nicht, sondern schnarcht, auch wenn er nicht schläft. Die Mopsmütter sind mangels Schnauze nicht mal imstande, ihre Babys aus der Fruchtblase zu befreien. In den prinzipiell rassetypischen, in der Tiefe aber überbewerteten Falten des Mopses sammelt sich etwas an, das zu Pusteln und Schlimmerem führen kann – wenn man das Tier, das so etwas gar nicht schätzt, nicht täglich gewissenhaft durchputzt.

Der Mops ist ungesund, der Mops ist hässlich und gerade deshalb wieder in Mode gekommen. Er hat den Jack-Russel-Terrier als angesagten Kleinhund abgelöst. Der sah zwar aus wie eine Promenadenmischung der unansehnlichsten Art, ist aber keine. Mit dem Hund machte man ein Statement für den Naturhund. Wer jetzt einen Mops präferiert, ist dagegen schwul, exhibitionistisch, adlig oder sonst wie exzentrisch disponiert. Andere essen verbotenerweise Frösche, diese Menschen wollen sich mit einem Hund vergnügen, der auch seine Fans nur zum Lachen und Witzemachen animiert und dessen gezüchtete Hässlichkeit jeder sentimentalen Tierverehrung Hohn spricht. Darüber, dass der handliche, kurzhaarige und kompakte Hund auch als Phallussymbol imponiert, gäbe es auch noch einiges zu sagen. Die meisten Hunde werden ja von Frauen wenn nicht gehalten, dann doch täglich betreut. Was sagt uns das über das Verhältnis der Möpse und Cockerspaniels, von Natur und Kunst, der Geschlechter überhaupt?

Katharina von der Leyen (Text), Enver Hirsch (Fotos): „Der Mops – ein Wunder der Natur“. Knesebeck Verlag, München 2005, 191 Seiten, 35 Euro