Ein Mensch starb im Abschiebeknast

betr.: „Flüchtling erhängt sich in Abschiebehaft“, taz vom 4. 1. 08

Ein Mensch starb im Köpenicker Abschiebeknast. Keiner von uns hat ihn gekannt, aber viele in Berlin waren in den letzten Tagen und Wochen mit ihm befasst: Polizisten, Amtsrichter, MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde; Wärter, Psychologen, Ärzte, Sanitäter und Sozialarbeiter im Knast.

Ein Mensch starb im Köpenicker Abschiebeknast und niemand gesteht sich Mitverantwortung ein: Die Polizisten haben den Mann nur kontrolliert und festgehalten. Der Amtsrichter hat die Haft nur auf Antrag der Ausländerbehörde auf Rechtmäßigkeit geprüft und angeordnet. Die MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde haben die Haft nur beantragt, weil ein Gesetz es so vorsieht. Die Wärter im Knast bewachen die Gefangenen nur, weil die Ausländerbehörde das beantragt und ein Richter das angeordnet hat.

Genauso sehen das die bei der Polizei angestellten Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter, die im Knast ihren Dienst tun.

Und der „Gesetzgeber“ – diese wunderbar anonyme und unfassbare Masse von Bundestagsabgeordneten und Bundesratsmitgliedern, Parteipolitikern und Sachverständigen, Regierungsmitgliedern und Bundestagsverwaltung – der Gesetzgeber, der hat das doch gar nicht gemeint und gewollt, dass da einer stirbt; er hat ja noch nicht einmal vorgeschrieben, wie die Haft durchzuführen ist. Justiz oder Polizei, Knast oder Lager, mehr oder weniger human, das hat der Gesetzgeber doch den Ländern überlassen.

So starb ein Mensch im Köpenicker Abschiebeknast, und obwohl es viele Beteiligte gibt, gibt es keine Verantwortlichen, nicht einmal eine moralische Verantwortlichkeit.

Ein Mensch starb in diesem Knast und jeder tat und tut weiter nur seine Pflicht. MARTIN SCHRÖTER, Initiative gegen Abschiebehaft