Tempodromprozess: Enthusiastische Angeklagte

Zum Prozessauftakt gegen die Ex-Tempodrom-Chefin Moessinger und ihren Geschäftspartner weisen die Angeklagten die Vorwürfe zurück

Im Prozess gegen die frühere Tempodrom-Chefin Irene Moessinger und ihren damaligen Geschäftspartner Norbert Waehl haben die Angeklagten die Untreuevorwürfe als „lebensfremd“ zurückgewiesen. In einer gemeinsamen Erklärung ihrer Anwälte wurde am Mittwoch zum Auftakt des Verfahrens vor dem Landgericht darauf verwiesen, dass Moessinger und Waehl „keinen Cent“ mehr bekommen hätten, als der Stiftungsrat ihnen zugesprochen habe. Die beiden Angeklagten äußerten sich persönlich nicht zu den Vorwürfen.

Ihnen wird vorgeworfen, sich entgegen den Vorgaben des Stiftungsrats im Jahr 2001 unangemessen hohe Gehälter ausgezahlt zu haben. Sie sollen jeweils 42.000 Euro zu viel kassiert haben. Zudem seien Rechnungen über 17.300 Euro von der Stiftung „Neues Tempodrom“ beglichen worden, obwohl die Betreibergesellschaften von den Leistungen profitierten.

Die Angeklagten hätten das unternehmerische Risiko für den Neubau des Tempodroms am Anhalter Bahnhof in Kreuzberg getragen und persönlich mit jeweils 1,8 Millionen Mark dafür gebürgt, betonte die Verteidigung. „Weniger Gewinnstreben“, sondern „Enthusiasmus“ habe ihr Handeln geprägt. „Sie haben nur das erhalten, was ihnen zustand“, sagten die Anwälte. Die laut Anklage zu viel gezahlten Gelder seien „vertraglich vereinbarte Nachzahlungen“ gewesen, weil die beiden Angeklagten von 1995 bis 1998 keine Vergütung erhalten hätten.

Es sei problematisch, dass die Angeklagten nicht nur Vorstandsmitglieder der Stiftung, sondern auch Verantwortliche der Betreibergesellschaften waren, sagte Oberstaatsanwalt Frank Thiel. „Hier haben Betreibergesellschaften Vorteile genossen, aber der Steuerzahler bezahlt“, fügte er hinzu. Diese Konstellation sei ein „verbotenes In-sich-Geschäft“, bei dem sich Interessen zum Nachteil der öffentlich finanzierten Stiftung vermischt hätten.

Den Anklagevorwurf sieht auch die Staatsanwaltschaft als „Abfallprodukt“ der Ermittlungen. Das Gericht hatte zu Prozessbeginn deutlich gemacht, dass die Vorwürfe mit der Tempodrom-Affäre „nur noch mittelbar“ zu tun hätten. Der Vorwurf des Subventionsbetrugs zulasten der Landesbank Berlin war bereits zuvor eingestellt worden, weil es „rechtliche Bedenken am strafbaren Verhalten“ gab. Der Prozess wird am 16. Januar fortgesetzt. DDP