: Schmächtige Kampagne
Auch wenn der Spitzenkandidat lieber über Bedrohungen spricht: Der Wahlkampf der NPD in Niedersachsen scheitert vor allem am knappen Geld
Ja, für den 20. Januar habe die NPD eine Kundgebung angemeldet, bestätigt die Polizei in Meckelfeld bei Hamburg. Den Anlass für ihren Aufmarsch „gegen Ausländergewalt“ liefert den Rechtsextremen ein Übergriff am Neujahrsmorgen: Elf Jugendliche sollen damals einen 23- und einen 27-Jährigen gejagt und krankenhausreif geschlagen haben. Der Skandal für die NPD: Die tatverdächtigen Jugendlichen gehören laut Polizei zu einer „Großfamilie südländischer Herkunft“. AS
VON ANDREAS SPEIT
Das Thema will sich die NPD im Wahlkampf nicht nehmen lassen: Unter dem Motto „Sicher leben ohne Multikulti – gegen Ausländergewalt!“ will die rechtsextreme Partei am 20. Januar in Meckelfeld im Landkreis Harburgaufmarschieren (siehe Kasten). Tags zuvor soll NPD-Spitzenkandidat Andreas Molau sprechen – zuerst in Goslar, dann in Salzgitter. Dafür, dass die heiße Phase des Landtagswahlkampfes ansteht, scheint die NPD aber nur noch wenige Reserven zu haben.
Zwar verteilten Wahlhelfer in den vergangenen Monaten zwischen Harz und Nordsee bereits die zweite Ausgabe ihrer Wahlkampfzeitung „Gemeinsam für Niedersachsen“, gefolgt von Flugblättern zu lokalen Themen. Ihr Plakatmotiv „Besser leben ohne Multikulti“ jedoch hängt die NPD bisher offenbar nur spärlich auf – ganz anders als etwa bei der letzten Wahl in Mecklenburg-Vorpommern. In Niedersachsen hängt nicht an jeder Laterne ein Werbeträger. Auch wird die NPD voraussichtlich nicht flächendeckend plakatieren können: Gerade mal 20.000 Plakate sollen Szenegerüchten zufolge vorrätig sein. Regelmäßige Infostände, wie sie von der Partei groß angekündigt wurden, sind bisher kaum angemeldet.
Allein mit modernen Werbemitteln für Jugendliche, darunter die DVD „Offensive“ (taz berichtete) konnte die NPD bisher auf sich aufmerksam machen. Auf der Website der Landespartei können auch die TV-Wahlwerbespots angesehen werden, die der Norddeutsche Rundfunk demnächst in seinem Regionalprogramm senden muss. Ein massiveres Auftreten der Partei hatte nicht zuletzt das Landesamt für Verfassungsschutz erwartet: Die Kampagne der NPD „kommt viel schmächtiger her, als zu befürchten war“, sagt Sprecherin Maren Brandenburger zur taz.
Im Internet versucht Spitzenkandidat Molau zu rechtfertigen, warum die Partei keine Termine gegenüber der Presse anzukündigen habe – nicht etwa, weil man unter sich bleiben wolle, sondern aus Sorge um die eigene Sicherheit: Als Publizist, „der selbst bei der Jungen Freiheit oder der Deutschen Stimme jahrelang Pressearbeit gemacht hat“, schrieb Molau jüngst in einer Mitteilung, verstehe er ja das „Anliegen der Presse nach Transparenz im Wahlkampf. Anderseits gefährden wir unseren eigenen Wahlkampf, wenn wir Infostände oder Interessentenveranstaltungen offen bewerben.“
Den wirklichen Grund für den eigenwillig geführten Niedersachsen-Wahlkampf benennt indes der Hamburger NPD-Landesvorsitzende Jürgen Rieger offen: Geldprobleme. Im Auftrag des Bundesvorstands versuchte der Rechtsanwalt schon vor Monaten, mehr Geld durch einen Abschlag auf die staatliche Parteienfinanzierung zu erstreiten. Die NPD fühle sich im Landtagswahlkampf benachteiligt, erklärte Rieger da, und könne wegen mangelnder finanzieller Ausstattung „nicht an frühere Erfolge anknüpfen“. Die Karlsruher Richter lehnten die Beschwerde ab und verwiesen auf den Rechtsweg im Hauptsacheverfahren.
Dieses Hauptsacheverfahren hatten die Steuerfahndung Gera und das Amtsgericht Erfurt ausgelöst: Sie stellten fest, dass der ehemalige thüringische NPD-Chef in 135 Fällen falsche Spendenquittungen ausgestellt hatte. Auch die Bundestagsverwaltung prüfte, inwieweit die NPD gegen das Parteiengesetz verstoßen hat. Ihr Ergebnis: Die Partei habe rechtswidrig Geld erhalten. So entschied die Verwaltung, nicht gleich alle zustehenden Gelder freizugeben und behielt rund 100.000 Euro ein.
Schulden des NPD Bundesvorstands beim Landesverband hat, können nach Riegers Scheitern wohl vorerst nicht ausgeglichen werden. Rund 30.000 Euro sollen jetzt für den Wahlkampf fehlen. Den Druck des jüngsten NPD-Flyers – für „alle Jungwähler im Wahlkreis Verden“ – dürften denn auch private Spenden ermöglich haben.