: Körnerwall-Schule gibt nicht auf
Mit einem „Tag der Offenen Tür“ am Körnerwall und der Klagebegründung bereitet die Initiative für eine „Freie Schule Bremen“ einen Neustart im Sommer vor – diesmal legal
von KLAUS WOLSCHNER
Das Tauziehen um die „Freie Schule Bremen“ geht in die nächste Runde. In dieser Woche wollen die Antragsteller die Klagebegründung beim Verwaltungsgericht einreichen, und am Sonntag gibt es am Körnerwall einen „Tag der Offenen Tür“, in dem neue Interessenten für Kindergarten und Schulprojekt geworben werden sollen.
Im vergangenen Jahr hatten sich Eltern der am Körnerwall ohne Genehmigung betriebenen Schule vergeblich an die Bildungsbehörde gewandt, um über die Legalisierung zu beraten. Aber Schulsenator Willi Lemke (SPD) war stocksauer, der laufende Schulbetrieb musste bis Sommer 2007 beendet werden. Der Antrag auf Genehmigung einer „Freien Schule“ wurde abgelehnt mit der Begründung, es gebe kein besonderes pädagogisches Interesse an dem Konzept. So einfach wollen die Eltern sich aber nicht abwimmeln lassen: Sie haben Klage eingereicht.
Wenn das Verwaltungsgericht ehemalige SchülerInnen befragen würde, wäre das Urteil eindeutig: Sie haben die „illegale“ Schule meist in bester Erinnerung. Auch die Sorge, dort würde zu wenig gelernt, scheint unbegründet. Keines der von der taz befragten Kinder hatte beim Übergang auf weiterführende Schulen ein Problem. N. zum Beispiel, heute 24 Jahre alt, hat insgesamt zehn Jahre am Körnerwall „illegal“ gelernt. Einige Monate vor Ende des 10. Schuljahres wechselte er auf die Gesamtschule Mitte, schaffte dort mühelos den Abschluss und danach das Fach-Abi. Der „Jahrgang“ der Größeren am Körnerwall umfasste damals drei SchülerInnen, erinnert er sich, die Lehrerin gab Stoff und Aufgaben vor, die kleine Gruppe musste selbstständig lernen. Englisch hatte man bei einer „native Speakerin“. Die Lehrer waren engagiert, die Atmosphäre fast familiär.
Was ihn in den staatlichen Schulen besonders gewundert hat: „Sobald der Lehrer draußen ist, wird es laut und alle hören auf, zu lernen.“ Im Grunde suchten die Schüler nur die „Gelegenheit zur Nichtarbeit“, das gab es am Körnerwall nicht. Und noch etwas: Er leide unter Rechtschreibschwäche, Dyslexie. „Normalerweise kommt man damit auf die Sonderschule“, sagt er. In allen Fächern außer in Deutsch war er aber gut – im altersgemischten Lernumfeld am Körnerwall fand jeder für jedes Fach „sein“ Lernniveau.
M., heute in der 8. Klasse, hat nach dem Kindergarten „Picobello“ die Grundschulzeit am Körnerwall verbracht. Sie vermisst an staatlichen Schulen vor allem die Altersmischung. Alle müssen in derselben Zeit dasselbe Lernen –das war in der Freien Schule anders, erinnert sich auch K., heute 11 Jahre alt. Wenn man schneller war, bekam man neue Arbeitsblätter, wer langsamer war, hatte mehr Zeit. Was anders ist in der neune Schule? Ein „anders Klima“, sagt sie, mehr Aggressionen zwischen Schülern, mehr „quatschen“, wo sie doch in die Schule geht, um zu lernen: „Ich gehe gern in die Schule.“
In ihrer Klage will die Elterninitiative nachweisen, dass, anders als die Behörde behauptet, längst nicht alle pädagogischen Prinzipien dieser Schul-Idee an anderen Standorten in Bremen verwirklicht sind. Vor allem drei Punkte hebt Antragsteller Alfred Putzka als Besonderheiten des Körnerwall-Konzepts hervor: Die praktische Kooperation mit einem Kindergarten – drei Jahre Kita und sechs Jahre Grundschule unter einem Dach – „das gibt es nirgendwo“. Das geht natürlich nur, – zweites Argument – wenn die Schule klein und übersichtlich ist: Maximal 45 Kinder sollen es werden– „damit alle sich untereinander kennen“, und in einer Zeit vieler Einzelkinder „familienähnliche Beziehungen“ entstehen. Drittens aber will man die Eltern einbinden – durch ein „Konsensprinzip“. So werden sie nicht aus der Verantwortung entlassen, sondern „lernen mit“, erklärt Putzka. Wenn das Gericht das als Nachweis des „besonderen pädagogischen Interesses“ erkennt, könnte der Schulbetrieb im Herbst 2008 losgehen – ganz legal.
Info-Tag: 20.1., Körnerwall 6, 15.30 Uhr. www.freie-schule-bremen.de