: Strand, Meer, Unterricht
Auf der Nordsee-Insel Sylt soll auf dem Gelände der jüngst geschlossenen Marineversorgungsschule in List ein Campus entstehen. Wenn alles klappt, soll es im Sommer dieses Jahres los gehen
VON HANNES LEUSCHNER
Auf der Nordsee-Insel Sylt sollen akademische Arbeit und Lehre Einzug halten: auf dem Gelände der zum Jahreswechsel endgültig geschlossenen Marineversorgungsschule in List. Ein Universitäts-Campus Sylt, kurz: UCS, soll dort entstehen, wo bis zum vergangenen Jahr die zentrale Ausbildungseinrichtung für die Logistik der Deutschen Marine ansässig war.
Ein Stiftungsverein, um das Projekt Campus Sylt voranzutreiben, wurde bereits Anfang 2007 gegründet. Besonders um das Projekt bemüht ist der ehemalige Präsident der Hamburger Universität Jürgen Lüthje. Im November 2007 gab es eine Konferenz mit vierzehn Wissenschaftlern verschiedener Universitäten. Aus den Ergebnissen hat Lüthje nun ein Konzept für den Insel-Campus entworfen. Das soll verschiedenen potentiellen Förderern und Universitäten, mit denen man die Zusammenarbeit sucht, vorgelegt werden. Die Gründung einer eigenständigen Hochschule nämlich war nie vorgesehen – vielmehr schwebt den Initiatoren eine Zusammenarbeit mit verschiedenen bestehenden Hochschulen vor. Unter anderem zeigten die Universitäten Kiel, Hamburg, Bremen und Köln Interesse an einer Kooperation, was die Entsendung von Lehrkräften und Studenten auf die dann nur noch vermeintliche Urlaubsinsel Sylt betreffen würde.
Vorerst sind Blockseminare oder einzelne Module angedacht im Bereich Gesundheit, Lebensqualität, Management, Information und Kommunikation sowie Nachhaltigkeit. Als „Leuchtturm-Projekt“ ist ein eigener Master-Studiengang in „North Sea Studies“, Nordseestudien, anvisiert.
Ohnehin: Anvisiert ist unheimlich vieles, und manches ist auch etwas unheimlich. Lüthje, der ob seiner Wirtschaftsorientiertheit schon bei Teilen der Hamburger Studentenschaft auf recht heftige Kritik stieß, strebt auch auf dem UCS eine enge Verzahnung von Wirtschaft und Lehre an. Um die Freiheit der Lehre fürchtet Lüthje dabei nicht: schließlich sei die Wirtschaft an der Eigenständigkeit ihrer Mitarbeiter genauso interessiert wie die Universität an der ihrer Studenten, da bestünde kein generelles Spannungsverhältnis.
So sollen die Studienangebote auch nur einen Teil des Sylter Campuslebens darstellen, neben solchen der Weiterbildung für Berufstätige oder Dienstleistungen im Trainings- oder sportmedizinischen Bereich etwa. Möglicherweise, sollte es zur Etablierung ganz- oder zweisemestriger Studienangebote kommen, in dualer Form: Winters wird gelernt, und sommers zur Saison gearbeitet, um das Gelernte in die Praxis umzusetzen und das Studium zu finanzieren. Vielleicht sogar im Campus-eigenen Hotel, Restaurant oder Fitnessstudio.
Solcherlei Pläne sind jedoch lediglich in Konzeption, wie es sich bei dem ganzen Projekt bisweilen noch um einen „Nutzungsvorschlag“ handelt, der auf seine Umsetzung wartet: Sind Anschubfinanzierung und Kooperationspartner, wofür Gespräche derzeit laufen, endlich gewonnen, soll eine GmbH & Co. KG gegründet werden. Im Sommer, nachdem die Gebäude saniert wurden, sollen erste Besucher aufgenommen werden: Abiturienten vorerst, denen im Rahmen einer Summer School ein Orientierungsangebot für ihren künftigen Bildungsweg gemacht werden soll. Außerdem rechnet Lüthje damit, dass dann schon erste Blockmodule und Weiterbildungen angeboten werden können.
Freilich handle es sich dabei lediglich um Anfänge; es brauche sicher, so Lüthje, zwei oder drei Jahre, bis das Projekt dann wirklich ins Laufen käme. Der Betrieb könne mit ein- bis zweihundert Teilnehmenden beginnen und auf bis zu tausend Beteiligte anwachsen. Auch welches Gewicht den vielfältigen auf dem UCS geplanten Aktivitäten jeweils zukäme, sei nicht zuletzt eine Frage der Sponsoren, die gewonnen würden.