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Archiv-Artikel

Ich will doch nur spielen

Bei Regen oder Schnee wird es schnell langweilig im heimischen Kinderzimmer. Eltern haben nicht an 365 Tagen eine Lösung, um ihr Kind bei Laune zu halten. Auf einem Indoor-Spielplatz ist es fast wie draußen. So kommen auch die Eltern zu ihrer Pause

von FELIX GABER

Es ist fast nicht zu glauben: Hier soll ein Spielplatz für Kinder sein? Der Ort wirkt vielmehr wie ein ganz normaler Industriehof im Hamburger Norden: rechts ein Erdgastank, links eine Chrom- und Silberwerkstatt. An einer Mauer hängt ein Hinweisschild auf ein Box-Gym der Arena-Boxpromotion.

Nach ein paar Schritten taucht an der Außenwand einer Industriehalle plötzlich ein großer grüner Frosch auf. Er steht auf zwei Beinen und ist das Maskottchen der Spielstadt Hamburg XXL, einem Indoor-Spielplatz auf 1.700 Quadratmetern. Etwas versteckt ist die Anlage, doch auch Andre Agassi und Steffi Graf haben sie gefunden, 2005, mit Sohn Jaden Gil und Tochter Jaz Elle. Der Aufenthalt, nur kurz, da Agassi wieder zum Training musste.

Im Inneren der lichtdurchfluteten Industriehalle nimmt der Geräuschpegel deutlich zu. „Platz da!“, ruft eine Stimme. Und schon rauscht ein Junge auf einem Dreirad vorbei. Das war knapp. Von rechts, von links, von überall sind freudig erregte Kinderstimmen zu hören. „Heute ist nicht viel los“, sagt Corinna Grund, die die Spielstadt zusammen mit Nozhat Rahimi betreibt. „Das liegt am Wetter.“ Draußen scheint die Sonne.

Die Kinder stört es nicht. „Kann ich das gut?“, ruft Denise, die gerade auf dem Trampolin springt. Hinter ihr ragt der Funpark in die Höhe. „Kann ich das gut?“, fragt die Siebenjährige wieder. Ihre Eltern sitzen nur ein paar Meter entfernt im Bistro und schauen zu, was ihre Tochter treibt. „Wir kommen öfters hierher“, sagt Denises Vater Steve Funke. Er findet die Spielstadt „sehr praktisch“. Man könne sich hier ruhig hinsetzen und die Kinder „einfach toben lassen“. Denise kommt zum Tisch gerannt, trinkt kurz einen Schluck und ist wieder verschwunden. „Im Sommer geht es aber wieder raus“, sagt Denises Mutter Anke, die aber trotzdem überzeugt ist vom Projekt Indoor-Spielplatz: Zu Hause könne sie „nicht so gut relaxen“.

Hinter der Theke pfeift die Cappuccinomaschine. Eine Frau blickt konzentriert auf ihren Laptop, ein Mann mit Nickelbrille liest die Welt kompakt. Ein kleiner Junge kommt auf einem Dreirad angebraust und fährt gegen den Stuhl des Mannes, der am Rande des Bistros sitzt. „Da bin ich wohl am falschen Platz“, sagt dieser mit ruhiger Stimme und wechselt kurzerhand den Stuhl. Die Fahrt geht weiter.

Plötzlich dann aber doch Aufregung. Ein Junge kommt ins Bistro gelaufen. Es ist der kleine Valentin, er hat sich gestoßen und heult. Seine Mutter versucht ihn zu trösten, nimmt ihn auf den Arm. Doch Valentin weint weiter. Ein Eis – die Rettung. Seine Schwester Merle bekommt auch eines. Doch das klebt an der Lippe fest. Während Valentin zufrieden an seinem Eis leckt, weint nun Merle und Mutti tröstet.

Das Bistro liegt keineswegs in einem abgeschlossenen Raum, sondern im Eingangsbereich der Spielstadt, mittendrin im Geschehen. „Was war da los“, fragt Anke Funke, die die Szene am Nachbartisch verfolgt hat. Beide Frauen tauschen sich kurz aus, dann redet Anke Funke wieder mit ihrem Mann, und Merles Mama wendet sich wieder ihrer Tochter zu, die jetzt nicht mehr weint.

Auch die anderen Eltern fühlen sich nicht gestört von dem kurzen Moment der Aufregung. „Es ist einfach eine sehr angenehme Sache hier“, sagt Constantina Anthrakopoulos. Ihr Sohn Max tobt vermutlich gerade irgendwo im zehn Meter hohen Funpark herum oder ist auf dem Spiel-Flughafen unterwegs. „Es ist einfach schön für beide. Er kann toben und die Mami wird verköstigt“, sagt die 37-Jährige.

Das ist der eigentliche Unterschied zu Spielplätzen unter freiem Himmel: Draußen müssen Mama oder Papa selbst für die Verpflegung sorgen. Hier nicht. Es ist vielmehr so, als ob man gleichzeitig mit seinem Kind auf dem Spielplatz und auf einen Kaffee mit Freunden verabredet ist. Constantina Anthrakopoulos ist gemeinsam mit Stefanie Kolbe da, deren Nicolas ebenfalls irgendwo auf dem Indoor-Spielgelände unterwegs ist. Vermutlich mit Max, denn beide sind beste Freunde und des öfteren in der Spielstadt gemeinsam unterwegs. „Ich finde es super hier, weil man hier soviel klettern kann und rutschen“, sagt Max, als er sich fertig für den Weg nach Hause macht.

Es ist spät geworden. Auch Familie Funke ist im Begriff zu gehen. „Jetzt wird es stressig“, sagt Vater Steve und begibt sich auf die Suche nach Tochter Denise. Kurze Zeit später ist er wieder im Bistro – allein. Doch dann ist auch Familie Funke nicht mehr anzutreffen.

In der KFZ-Werkstatt, die gegenüber dem Eingang der Spielstadt liegt, brennt Licht. Es wird fleißig geschraubt. Das Geräusch eines Hammers, wie er auf Blech trifft, und das Brummen eines Bohrers sind deutlich zu hören. Hier ist noch lange nicht Schluss. In der Spielstadt gehen nach und nach die Lichter langsam aus. Es hat sich ausgespielt für heute.

Spielstadt Hamburg XXL, Papenreye 26 Weitere Indoor-Spielplätze unter www.hallenspielplaetze.de