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Archiv-Artikel

Eine perfekte Suppe

Kirsten Reinhardts Gastro-Kritik: Das japanische Nudelsuppen-Restaurant Susuru vereint feine Küche mit dem Blick auf die Rosa-Luxemburg-Straße

„Je schmuddeliger so ein Lokal, desto besser das Essen“, heißt es in Japan über jene Bars, in denen Geschäftsmänner rauchend und schlürfend in ihrer Mittagspause würzige Nudelsuppe verspeisen. So kann es passieren, dass man in einer verwinkelten Bahnhofsgasse an einem fettigen Tresen sitzt und die beste Nudelsuppe Tokios bekommt. Und das in einer Stadt, in der Putzkräfte sogar die Handläufe von Bahnhofs-Rolltreppen säubern.

Das japanische Nudelsuppen-Restaurant Susuru ist beinahe steril, und geraucht werden darf, bitteschön, nicht. Trotzdem ist die Küche hervorragend. Hier gibt es Udon, Suppen mit allerlei Gemüsen und Geschmäckern und den dicken runden Udon-Nudeln aus Weizen. Die perfekte Vorspeise zum Bier (Kirin Ichiban oder Berliner) sind Edamame, gekochte grüne Sojabohnen. Ihre pelzige Hülse ist mit Meersalz-Splittern bestreut. Lutscht man die Sojabohnen aus der Hülle, werden sie so beim Essen gesalzen. Dass der Wallpaper City Guide das Restaurant empfiehlt, ist keine Überraschung. Es ist ein innenarchitektonischer Spielplatz: eine Mischung aus After Hour Lounge und Bar im Wellnessbereich aus einem James-Bond-Film. Schwarz gekachelte Wände wechseln mit Kirschblüten-Fototapete. Nach japanischem Vorbild sitzt man an Gruppentischen im Halbrund oder auf Barhockern im Fenster, im Blick den Shopping-Zoo der Rosa-Luxemburg-Straße.

Wer die Nudelsuppe probieren will und keine Knoblauch- oder Meerestier-Phobie hat, bestellt das Ebi Kimchi Udon. Darin: Morchel, koreanischer Kimchi, Frühlingszwiebel, Sesam und Garnelen im Teigmantel. Das Ergebnis: eine perfekte Suppe. Die Lippen brennen scharf, doch der Geschmack im Mund ist süßlich. Die frittierten Garnelen (Ebi) geben geschmacksverstärkendes Fett in die Suppe ab und sind knackig. Einziges Problem: Man isst mit Einwegstäbchen aus Holz, die, mit der Udonbrühe vollgesogen, ihren eigenartigen Holzgeschmack im Mund verbreiten. Und der Genmaicha (Grüntee mit gerösteten Reiskörnern) kommt im Teebeutel. Wo doch die Röstkörner, am Ende aus der Tasse geklaubt, gerade lecker sind. Doch das Dessert macht Stäbchengeschmack und Teebeutel wieder wett. Ein unglaublicher Pudding aus schwarzem Sesam verblüfft mit einer Konsistenz wie frisch aus dem Erdreich geklaubter Lehm. Er ist eher herb, wie eine besonders delikate Schlammpfütze. Nach diesem Menü kann man sich ruhig ein Weilchen hinlegen und „Tanpopo“ anschauen. Oder „Kitchen“ von Banana Yoshimoto lesen – darin spielt Udon auch eine nicht unwesentliche Rolle.

SUSURU, Rosa-Luxemburg-Str. 17, U 2/Tram Rosa-Luxemburg-Platz, U 8 Weinmeisterstr., Edamame 3 Euro, Schwarzer Sesampudding 3,50 Euro, Ebi Kimchi Udon 8 Euro www.susuru.de