Auf viele Weisen schön

Der Effekt ist wirklich verblüffend. Man weiß, dass das Cate Blanchett ist, sieht auch, dass das Cate Blanchett ist, aber man denkt: Hey, das ist doch Bob Dylan! Die australische Schauspielerin spielt den alten Knaben der Gegenkultur in Todd Haynes aktuellem Porträtfilm „I’m Not There“ als eine von sechs DarstellerInnen, die in die Rolle des Singer/Songwriters schlüpften.

Wie sie das tut, ist hinreißend. Sie hat sich eine wirre Lockenperücke, die etwas von einem Wischmopp hat, aufgesetzt und sich eine schlechte Haltung antrainiert, in der sie hektisch an Zigaretten saugt – dafür wurde die am 14. Mai 1969 in Melbourne geborene Schauspielerin nun mit einer Oscar-Nominierung belohnt. Für ihre Darstellung in „Elisabeth: The Golden Age“ hat sie gleich noch eine zweite Oscar-Nominierung dazuerhalten. Vom zappeligen Beat-Poeten bis zur kämpferischen und von Gefühlsentsagung umflorten Königin Elisabeth I.: Das Verblüffende an dieser Schauspielerin ist, dass sie bei allen ihren Verwandlungen immer als sie selbst erkennbar bleibt.

Eine klassische Schönheit ist sie nicht, und in ihrer Pubertät hat sie sich bestimmt Sorgen über ihre nicht eben zierliche Nase gemacht. Doch Cate Blanchetts Gesicht ist dazu begabt, auf ganz verschiedene Weisen schön zu sein. Auf astralhaft-asexuelle Weise war es diese Schauspielerin als Elbenkönigin Galadriel in Peter Jackson Verfilmung von „Herr der Ringe“. In Steven Soderberghs „The Good German“ glühte sie dafür als Femme fatale vor innerem Sex. Und in Martin Scorseses „Aviator“ war sie auf eine so handfeste Weise schön, dass man seine Lieblingsanekdote über sie auf der Stelle glaubt: In ihren Mann, den Drehbuchautor Andrew Upton, soll sie sich in dem Moment verliebt haben, als der über einen ihrer dreckigen Witz lauthals lachte; eine entrückte Diva wird aus ihr nie werden. In „Aviator“ spielte sie Katharine Hepburn, dafür gewann sie ihren ersten Oscar. Ihren nächsten wird sie, wenn eine der beiden Nominierungen durchkommt, schwanger entgegennehmen. Im April erwartet sie ihr drittes Kind.

Ihre schauspielerische Ausbildung erhielt Cate Blanchett in Sidney beim National Institute of Dramatic Arts. 2006 setzte sie ihr Theatertalent glorios um und wurde als Hedda Gabler am New Yorker Broadway gefeiert. Sie spiele „nie nur eine Hedda, sondern immer viele Heddas“, berichtete der Deutschlandfunk. Die Klischees über Ibsens um Emanzipation ringende Frauenfigur spielte sie ebenso mit wie alle Facetten einer modernen Frau. Genauso gibt es nicht nur eine, sondern viele Cate Blanchetts. Und es werden im Laufe ihrer Karriere bestimmt noch mehr hinzukommen. DIRK KNIPPHALS