: Desaster für Koch
BERLIN dpa/ap/taz ■ Bei der Wahl in Hessen musste die CDU drastische Verluste hinnehmen. Lediglich 36,3 Prozent der hessischen Wähler stimmten nach ZDF-Hochrechnungen von 18.42 Uhr für die Partei von Ministerpräsident Roland Koch. Dessen Strategie, im Wahlkampf vor allem gegen „kriminelle Ausländer“ ins Feld zu ziehen, hat sich offenbar nicht bewährt. Bei der Wahl vor fünf Jahren konnte seine Partei noch 48,3 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Nach Angaben von Meinungsforschern hat die CDU gerade bei den jüngeren Wählern an Zuspruch verloren.
SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti hingegen hat weit besser abgeschnitten, als es selbst ihre Anhänger noch vor kurzem für möglich gehalten hätten. Im Duell rechts gegen links, Frau gegen Mann hat sich Ypislanti – vor kurzem noch ein wenig bekannte Landespolitikerin – überraschend gut durchgesetzt. 37,1 Prozent der Wähler gaben ihr die Stimme. Vor fünf Jahren hatte die SPD nur 33,4 Prozent erhalten. Ypsilanti hatte im Wahlkampf stark auf die Themen Bildung und Energiepolitik gesetzt: Sie will die von Koch eingeführten Gebühren von 500 Euro pro Semester, die Hessens Studierende bezahlen müssen, wieder abschaffen. Auch will sie mehr Lehrer einstellen. Und sie will die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen. Sie erklärte sich am Abend zur Wahlsiegerin.
Die Linke hat nach den ZDF-Zahlen den Einzug in den Hessischen Landtag knapp verfehlt. Die FDP liegt mit 9,1 Prozent knapp vor den Grünen mit 8 Prozent der Stimmen. Damit schnitten die Grünen etwas schlechter ab als 2003, die FDP konnte sich leicht verbessern.
Ganz anders die Lage in Niedersachsen. Hier siegte CDU-Spitzenkandidat Christian Wulff noch deutlicher als erwartet. 41,8 Prozent der Wähler votierten für die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten. Damit könnte Wulff mit seinem jetzigen Koalitionspartner FDP weiterregieren und sich dabei auf eine komfortable Mehrheit stützen.
SPD-Herausforderer Wolfgang Jüttner schnitt schlecht ab: Gerade mal 31,2 Prozent der Wähler stimmten für die Sozialdemokraten. Das ist das niedrigste Ergebnis, das die SPD in der Nachkriegszeit in Niedersachsen erhalten hat.
Die Linke schaffte mit 7 Prozent deutlich den Einzug in den Landtag. Damit gelingt ihr erstmals der Einzug ins Parlament eines westdeutschen Flächenlandes. Prompt feierte die Partei ihr Ergebnis als „Riesenerfolg“ und „Durchbruch im Westen“, wie Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte.
Die Wahlbeteiligung fiel in Niedersachsen nur mäßig aus. Sie sank den Prognosen nach um bis zu 10 Prozentpunkte. Analysten führen das Interesse auf den eher ruhigen Wahlkampf zurück. Ein Sieg der CDU stand bei den letzten Umfragen nie wirklich in Frage. Offen war lediglich, ob es für eine Alleinregierung der Christdemokraten reicht oder ob sie wie bisher in einer Koalition mit der FDP regieren.
Der auch in den Medien intensiv diskutierte Wahlkampf in Hessen hingegen vermochte die Bürger offenbar eher zur Stimmabgabe zu bewegen. Hier lag die Wahlbeteiligung am Nachmittag etwas höher als vor fünf Jahren. Vor allen in den Großstädten drängten die Bürger zur Abstimmung.
In Hannover hatten am Samstag gefälschte Briefe die Wähler verwirrt: Die Wahl werde auf einen Sonntag im Februar verschoben, hieß es in den Schreiben, die Unbekannte in mehreren Stadtteilen verteilt haben. Nun ermittelt die Polizei. Beim Landeswahlamt und der Polizei gab es unzählige Anrufe, sagte der Sprecher des Wahlleiters, Markus Steinmetz. Die Möglichkeit bestehe, dass wegen der Briefe die Wahl in einigen Bezirken wiederholt werde. Dazu müsse allerdings ein Bürger die Wahl unter Verweis auf den Umstand anfechten, dass ohne die Schreiben mehr Menschen gewählt hätten.