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Archiv-Artikel

Störfaktoren zur Auswahl

Mit einer großen Umfrage erforscht die Polizei das Sicherheitsgefühl der Bremer BürgerInnen.

Von cja

Post von der Polizei bekamen in den letzten Tagen 21.000 zufällig ausgewählte BremerInnen. Ihr Inhalt: ein vierseitiger Fragebogen zur Wahrnehmung von Kriminalität im Alltag.

Ausweislich ihrer Überschrift dient die 27 Fragen umfassende Erhebung dazu, „Bremen sicherer zu machen“. Im Anschreiben bittet Polizeipräsident Eckard Mordhorst die EmpfängerInnen, seiner Behörde ihre „Eindrücke und Erfahrungen zu verschiedenen Bereichen ihres Sicherheitsgefühls mitzuteilen“.

Einer dieser Bereiche: „Beeinträchtigungen durch Personengruppen“. Hier stehen neben Verkehrsrowdys unter anderem auch „Rechtsradikale“, „Linksradikale“ sowie, an erster Stelle, „herumlungernde Jugendliche“ als Störfaktoren zur Auswahl. DrogenhändlerInnen finden sich nicht auf der Liste. Weiterhin erhofft sich die Polizei Aufschluss über die tieferen Gründe der Zusammenarbeit mit ihr und fragt: „Warum haben sie bei der Polizei eine Anzeige erstattet?“ Auf die Frage nach der letzten Sichtung einer Streife bietet das Formular als Antwortkategorien „heute/gestern“ und „in den letzten vier Wochen“ an – was die empirische Feststellung mangelnder Polizeipräsenz nach sich ziehen dürfte.

Margret Jäger leitet das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung und beschäftigt sich seit Jahren mit der Entstehung und Wandlung von Alltagsdiskursen. „Solche Umfragen werden nie ohne eine Motivation aufgelegt,“ sagt Jäger. Die Konstruktion des Formulars stoße die Befragten „mit der Nase darauf, dass es ein Sicherheitsproblem gibt.“ Jäger: „Hier wird etwas zur Artikulation gebracht, was ohne den Fragebogen gar nicht artikuliert worden wäre.“

Schon seit 1997 schreibt die Bremer Polizei eine Stichprobe von rund 3 Prozent aller EinwohnerInnen an, die Rücklaufquote lag in der Vergangenheit bei über 50 Prozent. Seit 2002 ist die Teilnahme an der Befragung auch online möglich. Dabei wollte die Polizei vor fünf Jahren noch wissen, ob ihre Uniformen als „modern“ oder „geschmackvoll“ wahrgenommen wurden, und wie die BürgerInnen „Ohrringe bei Polizisten finden“. cja