: „Desolates Erscheinungsbild“
Die Basis der Linkspartei kritisiert Partei- und Fraktionsspitze. Die aber reagieren bislang zurückhaltend
Mit deutlicher Kritik an der eigenen Partei- und Fraktionsspitze hat sich am Wochenende die Basis der Bremer Linkspartei zu Wort gemeldet. Ausdrücklich „missbilligt“ wurde in einem Beschluss der Kreismitgliederversammlung Bremen-Mitte / Ost das „Konfliktmanagement des Landesvorstands“ und das „desolate Erscheinungsbild“ von Partei und Fraktion. Hintergrund ist die Auseinandersetzung um den im November entlassenen Fraktionsgeschäftsführer Manfred Steglich und die stellvertretende Fraktionschefin Sirvan Cakici.
Die öffentliche Diskussion um den umstrittenen Mail-, Telefon- und SMS-Verkehr der Beiden habe zu „Formen der Konfliktaustragung“ geführt, „die mit unseren Auffassung eines solidarischen Umgangs miteinander nicht vereinbar sind, so die Basis. Man „missbillige“, dass „aus Parteikreisen“ persönliche Nachrichten „unter Verletzung der Intimsphäre“ der Presse zugespielt worden seien.
Kritisiert wurde zudem, dass „führende Parteimitglieder“ in diesem Zusammenhang „strafbewehrte“ Vorwürfe erhoben haben. So hat unter anderem Bundesvorstand Bodo Ramelow öffentlich von „stalking-ähnlichem“ Verhalten Steglichs gesprochen – und diesen Vorwurf aufrecht erhalten: „Der Begriff des Stalking ist zur Umschreibung eines als Belästigung empfundenen Verhaltens verwandt und stets auch so kommuniziert worden.“ An der Bremer Basis wurde die „Intervention der Bundespartei“ als „kontraproduktiv“ kritisiert.
Steglich selbst hatte dem Landesvorstand der Linkspartei vor kurzem eine Dokumentation seines Nachrichtenaustausches mit Cakici zur Verfügung gestellt – mit dem Wunsch „rehabilitiert“ zu werden. Seiner Ansicht nach ist belegt, dass es um ein Liebesgeständnis ging – keinesfalls um „stalking-ähnliches Verhalten“. Er habe Sirvan Cakici „genervt, aber nicht belästigt“, sagte er gestern gegenüber der taz.
Der Landesvorstand der Linken wollte dazu keine offizielle Stellungnahme abgeben. Von der Partei seien keine Vorwürfe erhoben worden, die korrigiert werden müssten, sagte Landesvorstandssprecher Axel Troost, der auch im Bundestag sitzt. Er sieht gleichwohl einen Vertrauensbruch – weil die beiden Geschäftsführer einen internen Konflikt öffentlich diskutiert hätten. Das aber sei Sache der Fraktion.
Die wiederum hat bis gestern ebenfalls keine offizielle Stellungnahme abgegeben. Man „wünsche“ sich einen „behutsameren Umgang“ mit der Veröffentlichung persönlicher Daten, sagte der Abgeordnete Jost Beilken am Rande der gestrigen Fraktionssitzung. Und verteidigte das eigene Krisenmanagement: Man habe „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt. Die Fraktion habe nichts unternommen, um den Beschluss, einen Neuanfang zu machen, durchzusetzen, sagt die Basis.
Steglichs Kündigungsschreiben enthält keinen Verweis auf die konkreten Vorwürfe gegen ihn: Es enthält keine Begründung. Die Fraktion hat bis Mitte des Monats Zeit, im Rahmen der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung eine solche zu formulieren. Ein Nachfolger für den Posten des Fraktionsgeschäftsführers stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest. Er sollte am 1. Februar anfangen. mnz