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Archiv-Artikel

Verschnupfte Verbände

Bürgermeister Ole von Beust hat sich ablehnend über Gesamtschulen geäußert. Das hat nun bei der Elternkammer, der Elterninitiative für Integration und der Volksinitiative „Eine Schule für alle“ zu heftigen Reaktionen geführt

Er habe von Gesamtschulen die Nase voll, sagte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) laut dem Hamburger Abendblatt Ende Januar in einer Rede vor dem Anglo German Club. Unter Befürwortern der Gesamtschule sorgte von Beust damit für heftigen Unmut: Die Hamburger Elternkammer fordert von Beust am Dienstag in einem Offenen Brief auf, die Äußerung richtigzustellen. „Uns entsetzt diese öffentliche Herabsetzung einer Schulform“, sagt der kürzlich neu gewählte Vorsitzende Hans-Peter Vogeler. Gerade jetzt, wo die Anmelderunde für die 5. Klassen läuft, würden Eltern dadurch zusätzlich verunsichert.

Gesamtschulen seien in Hamburg eine anerkannte und beliebte Schulform, die 30,9 Prozent der Schüler besuchten. Zudem sei deren integrative reformpädagogische Arbeit immer wieder mit Preisen ausgezeichnet worden. Und schließlich seien sie fester Bestandteil des vom CDU-Senat geplanten Zwei-Säulen-Modells, in dem sie als „Stadtteilschulen“ lediglich neue Namen bekämen. „Der Senat plant aus gutem Grund nicht die Abschaffung der Gesamtschulen.“

Auch die „Elterninitiative für Integration“ machte am Dienstag ihrem Unmut Luft. „Der Bürgermeister fordert einerseits mehr Ehrlichkeit und Sachlichkeit in der Darstellung, andererseits greift er hier unqualifiziert und pauschal die Gesamtschulen an“, ärgert sich Sprecher Hanno Kleist. „Was will der Bürgermeister unseren Kindern sagen, wenn er von ihnen die Nase voll hat?“

Noch schärfere Töne kamen von Karen Medrow-Struß von der Volksinitiative „Eine Schule für Alle“. „So, so, der hochwohlgeborene Freiherr von Beust hat also die Nase voll von den Schmuddelkindern“, schrieb sie. Das müsse er aber gar nicht mehr betonen, habe seine Schul- und Sozialpolitik doch seine „verächtliche Haltung den ärmeren Schichten gegenüber zur Genüge dokumentiert“.

Von Ole von Beusts Büro gab es am Dienstag keinen Kommentar zu den Reaktionen. „Offene Briefe kommentieren wir grundsätzlich nicht“, sagte Sprecherin Ruth Henn. „Ansonsten wissen Sie, wie wir in der Schulpolitik aufgestellt sind. Unser Ziel ist das Zwei-Säulen-Modell.“

Allerdings hätte von Beust vermeiden können, dass es zu einem Offenen Brief kommt. Als Vogeler den Zeitungsbericht las, fragte er noch am selben Tag über Abgeordnetenwatch bei von Beust nach, ob das Zitat korrekt sei. Vogeler: „Ich erhielt keine Antwort. Die Zeitung hingegen hat das Zitat bestätigt.“

KAIJA KUTTER