Kapitalistische Diakonie

Jetzt soll der Bundestag den Missbrauch von Leiharbeits-Firmen in Diakonischen Unternehmen beenden. Friedehorst-Chef Hammer sieht keinen Missbrauch, sondern nur ökonomische Zwänge

Von KLAUS WOLSCHNER

Die Namen sind wohlklingend: „Bolero“, „Auxilia“, „Parat“ oder „Dia Logistik“. Es sind Leiharbeitsfirmen, mit denen gemeinnützige Unternehmen aus dem diakonischen Bereich ihre Lohnkosten um zehn Prozent und mehr drücken. Jetzt hat die Mitarbeitervertretung der Bremer Stiftung „Friedehorst“ sich mit einer Petition an den Bundestag gewand und um Abhilfe gebeten.

Denn der Einsatz von Leiharbeit ist für dauerhafte Arbeit nach einem Spruch des obersten Kirchengerichtes vom Oktober 2006 nicht vereinbar mit dem kirchlichen Grundsatz der „Dienstgemeinschaft“ (Aktenzeichen: II-0124/M35-06). Geklagt hatte die Mitarbeitervertretung von Friedehorst. Der Beschluss des Kirchengerichts habe in der Praxis von Friedehorst aber so gut wie nichts bewirkt, sagt Bernd Rautenberg, der Vorsitzende der Gesamt-Mitarbeitervertretung. Mit der Petition soll erreicht werden, dass in Fällen, in denen sich ein kirchlich-diakonischer Arbeitgeber nicht an Beschlüsse eines Kirchengerichtes hält, der Weg zu einem staatlichen Arbeitsgericht eröffnet wird.

„Wo Kirche draufsteht, muss auch Kirche bezahlt werden“, hat der an dem Beschluss beteiligte Kirchen-Richter Hans-Wolf Friedrich einmal formuliert. Friedehorst-Vorsteher Georg-Hinrich Hammer winkte dagegen ab. Der bundesweit geltende Tarif für diakonische Betriebe, AVR, berücksichtige nicht die Bremer Besonderheiten, sagt er mit Hinweis auf die Sparbeschlüsse des Senats. In ihrem normalen Tarifbereich zahle Friedehorst mehr als vergleichbare Wohlfahrtsverbände und viel mehr als private Anbieter – er sei vor diesem Hintergrund sehr für eine Mindestlohnregelung etwa für die Pflege-Branche. Auch bei „Parat“ liege Friedehorst deutlich über Mindestlöhnen. Rund fünf Prozent der Friedehorst-Beschäftigten seien über „Parat“ angeheuert. Die beiden, in deren Fall das Kirchengericht 2006 geurteilt hätten, seien umgehend normal eingestellt worden.

Hammer kontert auf den Vorwurf, es gebe immer noch dauerhaft Beschäftigte auf Leiharbeits-Basis, derzeit gebe es kein anhängiges Rechtsverfahren. Viele, die bei „Parat“ angefangen haben, hätten inzwischen einen normalen Arbeitsplatz, allerdings bei der gemeinnützige Firma „Diakonische Werke“, die er gegründet hat – eine neue nicht an den AVR-Tarifvertrag gebundene gemeinnützige Firma. Keine Leiharbeitsfirma sei das, sagt Hammer. Neueinstellungen sollen in der Regel über diese Firma passieren, alles legal nach Kirchenrecht.

Bremens Landesdiakoniepfarrer Michael Schmidt sieht dennoch durch das Verhalten von Friedehorst einen Imageschaden für die Diakonie, „in Bremen und insgesamt“. Das Diakonische Werk als lokale Dachorganisation sei aber machtlos, es könne nur Verweise und Geldbußen aussprechen, meinte er gegenüber EPD. Auch ein Ausschluss einer Einrichtung aus dem Diakonischen Werk ist möglich – aber Friedehorst ist der größte Beitragszahler des Dachverbandes.

Auch die Diakonische Behindertenhilfe in Lilienthal beschäftige Leiharbeiter – rund zehn Prozent der Belegschaft ist inzwischen bei „Dia Logistik“ beschäftigt. Geschäftsführer Hans Mencke verteidigte die längerfristige Leiharbeit mit dem Argument, er reagiere damit auf den enormen Kostendruck in der Sozialbranche. Nur mit „marktfähigen Tarifen“ könne die Streichung von Personalstellen oder eine Insolvenz der wirtschaftlich gesunden Einrichtung vermieden werden. Der „Dia“-Lohn liegt etwa zehn Prozent niedriger.