die taz vor 10 Jahren über den langen weg der rechtlichen gleichstellung von lesben und schwulen
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Schwule und lesbische Lebensgemeinschaften dürfen in Europa weiter diskriminiert werden. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

Ins Rollen gebracht wurde das Verfahren von der britischen Bahnangestellten Lisa Grant, die gegen ihren Arbeitgeber, die Bahngesellschaft South West Trains in Southampton, klagte. Bei diesem Unternehmen bekamen nicht nur die Beschäftigten und ihre Ehegatten begünstigte Zugfahrkarten, sondern auch nichteheliche Lebenspartner. Voraussetzung dabei: Der Lebenspartner musste dem jeweils „anderen Geschlecht“ angehören. Das aber war bei Lisa Grant, die mit ihrer Freundin zusammenlebt, nicht der Fall.

Das zuständige englische Gericht legte den Fall dem EuGH vor. Da es auf europäischer Ebene noch keine Regelungen gegen die Diskriminierung von Homosexuellen gibt, musste EuGH-Generalanwalt Michael Elmer allerdings auf die Richtlinie zur Gleichstellung von Mann und Frau zurückgreifen. Er verglich dabei die Situation von Lisa Grant mit der ihres Amtsvorgängers. Während dem Mann für seine Freundin verbilligte Fahrkarten gewährt wurden, wurden sie Lisa Grant für ihre Partnerin verweigert. Also sei, so Elmers Schlußfolgerung, eine Diskriminierung „aufgrund des Geschlechts“ gegeben.

Diese Argumentation war dem EuGH wohl etwas zu mutig. Eine Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung sei dagegen beim „gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts“ noch nicht verboten.

Dies könnte sich allerdings nach Verabschiedung des Amsterdamer Vertrags ändern. Dort wird der EU-Ministerrat ausdrücklich ermächtigt, „Vorkehrungen“ gegen Diskriminierungen aufgrund „der sexuellen Ausrichtung“ zu treffen.

Für Fritzie Timmermann vom Lesbenring war das EuGH-Urteil gerade deshalb erfreulich: „Endlich erklärt ein Gericht, daß hier Lücken im Rechtsschutz bestehen.“ Christian Rath, 18. 2. 1998