: Freude ist getrübt
Unabhängigkeit im Kosovo: Nun fürchten Flüchtlingsorganisationen leichtere Abschiebungen
BERLIN taz ■ Die Freude der Exilkosovaren in Deutschland war groß. Allein in Stuttgart feierten am vergangenen Sonntag 2.000 Menschen die Unabhängigkeitserklärung der serbischen Provinz und verwandelten den Marktplatz in ein rotes Fahnenmeer. Doch vielen Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Kosovo könnte die Freude bald vergehen.
In zwei Abkommen mit der UN-Übergangsverwaltung Unmik hat sich die Regierung unter Ministerpräsident Hashim Thaçi bereits verpflichtet, grundsätzlich alle Flüchtlinge wieder aufzunehmen, inklusive der Minderheitenangehörigen.
Deutsche Flüchtlingsorganisationen fürchten, dass genau diesen nun eine Abschiebung droht. „Die Unmik hat früher Rückführungen von Minderheiten abgelehnt, wegen der katastrophalen Lebensbdingungen, die ihnen drohen“, erklärt Bernd Mesovic vom Verein Pro Asyl. Das könne sich unter der Regierung Thaçis ändern. „Prishtina sieht sich mit der Unabhängigkeit in einer politischen Bringeschuld, alle Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt er. Das könnten die Ausländerbehörden zu Nutzen versuchen, befürchtet er. Von den 50.000 noch in Deutschland lebenden ausreisepflichtigen Kosovo-Flüchtlingen, gehören rund 33.000 Menschen Minderheiten an, überwiegend Roma, Aschkali und sogenannte kosovarische Ägypter. In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums an die hiesigen Länderbehörden heißt es, mit dem Inkraftreten der Rückführungs-Abkommen würden die bisher geltenden „festgesetzen Quoten für die Rückführung von Minderheitenangehörigen gegenstandslos“. Lediglich für aus dem Kosovo stammende Roma soll weiterhin ein Abschiebeschutz gelten.
Die Länderbehörden wiegeln jedoch ab. „Es zeichnet sich keinerlei Änderung ab“, sagt eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. „Es ändert sich überhaupt gar nichts“, sagt der Sprecher des Innenministeriums in Niedersachsen.
Möglicherweise, so heißt es in Kreisen der Länderbehörden, könnte es künftig sogar schwieriger werden, Flüchtlinge in den Kosovo abzuschieben. Denn nach der Unabhängigkeitserklärung könnten sich die serbischen Behörden weigern, die notwendigen Papiere auszustellen. LARS GAEDE