Problem Arbeitsbedingungen

betr.: „Ärzte bekennen sich zu Kunstfehlern“, taz vom 29. 2. 08

Fehler passieren – es ist nur ein himmelweiter Unterschied, ob sich die Bäckereiverkäuferin vertüdelt und mir versehentlich Mohn- anstatt Sesambrötchen in die Tüte packt oder ob ich als Krankenschwester auf der Intensivstation eine Nachblutung übersehe. Und ich kann mir fast nichts Übleres vorstellen, als nach einer OP aufzuwachen und festzustellen, dass man mir ein Bein abgesägt hat, anstatt wie geplant den Blinddarm zu entfernen. In meiner fast elfjährigen Berufslaufbahn habe ich des Öfteren schon Schweißausbrüche bekommen, wenn wir heikle Situationen noch mal durchgesprochen haben.

Das Problem sind die Arbeitsbedingungen. Ein Arzt, der seit 18 Stunden nonstop durch die Gegend rennt, kann einfach irgendwann nicht mehr klar denken und handeln. Dasselbe gilt für das Krankenpflegepersonal.

Die Entmystifizierung der Medizin und der Krankenpflege sollte Platz machen für Respekt für die Arbeit, die wir gemeinsam Tag und Nacht leisten, die belastenden Einzelschicksale, die wir „mal eben“ so wegstecken müssen, und der Bereitschaft, trotz Überforderung und Unterbesetzung weiterhin „alles zu geben“. Ich finde es gut, wenn ÄrztInnen und Krankenschwestern bzw. -pfleger sagen, was schiefgegangen ist. Ich bin allerdings gespannt, ob sich in dieser großen Beichtaktion die Chefärzte zu Wort melden, die sonst als Erste versuchen, Behandlungsfehler und Fehlentscheidungen ihren AssistentInnen in die Schuhe zu schieben. KÄTHE GRUNWALD, Bremen