: CDU auf grünen Pfaden
Die Sondierungsgespräche für Koalitionsverhandlungen erbrachten aus Sicht der Grünen weit gehende Zugeständnisse der CDU. Trotzdem fordern Teile der grünen Basis eine Urabstimmung
Von Marco Carini
Erste Zugeständnisse, viele Kompromisslinien, einige verbliebene Knackpunkte: So sieht nach Einschätzung der GAL-TeilnehmerInnen das Ergebnis der Sondierungsgespräche aus. Die CDU schweigt sich bislang über die konkreten Inhalte des Treffens aus. Parteichef Michael Freytag behauptete lediglich: „Wir haben keine Zusagen gemacht!“ Laut GAL gibt es jedoch bereits in folgenden Punkten Annäherungen:
Kohlekraftwerk Moorburg: Die CDU sei bereit „über eine vollständige Alternative“ für die Dreckschleuder zu verhandeln, sagt GAL-Landeschefin Anja Hajduk. Problem dabei: Ohne Gesprächsbereitschaft von Vattenfall läuft nicht viel, da Vorverträge bereits geschlossen sind.
Elbvertiefung: Die CDU hält an der „Fahrrinnenanpassung“ fest, will aber das Ausmaß der Vertiefung prüfen lassen und in Zukunft verstärkt auf eine Kooperation der norddeutschen Hafenstädte setzen. Auch die Aufnahme des Wattenmeers in das Unesco-Weltnaturerbe lehnt die CDU wegen der Vertiefungsplanungen ab. „In diesem Bereich geht nicht viel“, glaubt Hajduk.
Stadtbahn: Die CDU ist nach GAL-Einschätzung bereit, „einen Einstieg in das System Stadtbahn zu garantieren“. Strittig ist die Trassenführung: Während die GAL Bramfeld und Steilshop anbinden möchte, schwebt der CDU eine Stadtbahn-Linie zu den beiden Arenen im Volkspark vor.
Klimaschutz: Schrittweise soll der Passivhaus-Standard erst bei Neubauten, später auch bei Altbausanierungen Pflicht werden. Die von der GAL geforderte City-Maut wird geprüft, die CDU bleibt aber skeptisch. Dafür sollen LKW-Dreckschleudern aus Hamburg verbannt werden.
Schule: Die sechsjährige Grundschule soll innerhalb von zwei Legislaturperioden kommen, Kinder damit – zählt man das Vorschuljahr dazu – sieben Jahre gemeinsam lernen. Danach geht es zweigliedrig weiter, das Gymnasium bleibt erhalten. Die doppelte Selektion nach der vierten Grundschul- und der sechsten Gymnasialklasse fällt damit weg. Auch isolierte Hauptschulklassen soll es nicht mehr geben.
Kita: Der Rechtsanspruch für einen Kita-Platz soll schon ab dem zweiten Lebensjahr gelten, zudem sollen für Kinder aus benachteiligten Stadtteilen zusätzliche Betreuungskapazitäten geschaffen werden. Keine Bewegung gibt es hingegen bislang bei der Frage der Abschaffung des Elternbeitrags für einen Kita-Platz. Das Vorschuljahr allerdings soll gebührenfrei bleiben, ein kostenfreies Mittagessen für die Kinder aus sozial schwächeren Familien ist geplant.
Inneres und Justiz: Das von der CDU erst im Dezember beschlossene Strafvollzugsgesetz soll reformiert werden, zudem soll Resozialisierung wieder stärker in den Vordergrund rücken. Der umstrittene Jugendknast in der Feuerbergstraße wird geschlossen, über eine gemeinsame geschlossene Unterbringungsmöglichkeit für jugendliche Straftäter im norddeutschen Verbund soll nachgedacht werden.
Flüchtlinge: Das Recht illegal in Hamburg lebender Menschen auf gesundheitliche Versorgung und Schulbildung soll garantiert werden. Der Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan wird verlängert.
Direkte Demokratie: Volksentscheide sollen in Zukunft verbindlich werden. Die Hürden für einen Volksentscheid will die CDU aber weiterhin hoch lassen.
Sozialticket: Die CDU akzeptiert die Wiedereinführung eines HVV-Sozialtickets.
Studiengebühren: Die Abschaffung der Studiengebühren will die CDU mittragen, bindet sie aber an einen Finanzierungsvorbehalt. Nur wenn die den Hochschulen so entgehenden 36 Millionen Euro anderweitig aufgebracht werden können, müssen Studenten nicht mehr in die eigene Tasche greifen.
Verkehr: Während bei der Hafenquerspange eine neue Trasse im Gespräch ist, wurde über die A 26 noch nicht gesprochen. Klar ist: Die Zollhafenzone soll aufgelöst oder verkleinert werden.
Arbeitsmarkt: Die Hamburger Arbeitsmarktpolitik soll neu gesteuert und in den sozial benachteiligten Quartieren verstärkt werden. Priorität bleibt dabei die Vermittlung in den Ersten Arbeitsmarkt.
Stadtentwicklung: Bauen auf der grünen Wiese soll es in Zukunft nur noch im Ausnahmefall geben, der Flächenverbrauch stark reduziert werden. Über die geplante Neubebauung in Wohldorf-Ohlstedt wird verhandelt.
Trotz dieser Verhandlungsergebnisse regt sich in der GAL aber auch Widerstand gegen eine Koalitionsvereinbarung. Am Freitag erklärte der Vorsitzende der GAL im Bezirk Wandsbek, Vasco Schultz, per Unterschriftensammlung eine Urabstimmung über eine Koalition erzwingen zu wollen. „Wir versprechen uns von einer Urabstimmung ein stärker legitimiertes Ergebnis“, sagt er, „als es mit einer Landesmitgliederversammlung möglich ist.“ Ebendiese hatte am Donnerstag den Wunsch nach einer Urabstimmung allerdings abgelehnt.