: Trauer und Ausgangssperre nach Bluttat
Nach dem Attentat auf eine Talmudschule in Jerusalem werden in Israel erste Forderungen nach Ende der Friedensgespräche laut. Die Hamas bekennt sich zu der Tat, bei der ein bewaffneter Attentäter 8 überwiegend minderjährige Studenten erschoss
AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL
Nach den tödlichen Schüssen in einer Jerusalemer Talmudschule herrscht in Israel höchste Alarmstufe. Die Armee verhängte eine Ausreisesperre über das Westjordanland. Tausende zumeist religiöse Trauergäste fanden sich am Freitagvormittag in der Merkas-Haraw-Jeschiwa ein, bevor sie in organisierten Bussen zu den Beerdigungen der acht überwiegend minderjährigen Studenten fuhren, die am Vorabend von einem palästinensischen Terroristen erschossen wurden. Der 25-jährige Angreifer stammt aus Ostjerusalem und war im Besitz eines israelischen Ausweises. Seine Familie errichtete ein Trauerzelt und hisste die Flaggen der Hamas und der Hisbollah.
Im Unterschied zu den üblichen Anschlägen in Einkaufszentren oder Bussen wählte der Täter sein Ziel bewusst aus. Die Merkas-Haraw-Jeschiwa gilt als das Flaggschiff des religiösen Zionismus, aus dem die Väter der jüdischen Siedlungen hervorgingen. Inzwischen hat die Hamas sich zu der Tat bekannt. Die islamischen Extremisten im Gazastreifen feierten die „heldenhafte Operation, die nicht die letzte sein wird“, nicht nur als militärischen, sondern auch als politischen Erfolg. Tausende Palästinenser waren noch in der Nacht zum Freitag zu einer Freudenkundgebung auf die Straßen gezogen.
Fawsi Barhoum, Sprecher der Hamas im Gazastreifen, stellte die Tat in Zusammenhang mit der israelischen Militäroperation „Heißer Winter“ vergangene Woche im Gazastreifen. Der Angriff sei eine „normale Reaktion auf das Massaker, bei dem über 120 Menschen, darunter 30 Kinder, Frauen und Alte getötet wurden“. Ohne im Namen der Hamas die Verantwortung zu übernehmen, lobte Barhoum den Anschlag, der Teil des „legitimen Widerstandes gegen die Besatzung“ sei.
Der Anschlag ereignete sich nur wenige Stunden nach Beginn der von den USA unterstützten Verhandlungen zwischen den islamischen Extremisten im Gazastreifen und ägyptischen Vermittlern über einen möglichen Waffenstillstand. Die Hamas hält an dem Ende der israelischen Blockade als Bedingung für eine Feuerpause fest. Fawsi Barhoum kommentierte die Mauer, die Ägypten im Grenzbereich zum Gazastreifen errichten lässt, als „interne ägyptische Entscheidung“, mit der die Hamas nichts zu tun habe. Die Regierung in Kairo entschied über den Mauerbau, nachdem Hamas-Kämpfer Ende Januar die Grenzanlagen eingerissen hatten.
Nach Auskunft des israelischen Polizeisprechers Micky Rosenfeld arbeitete der Attentäter als Fahrer und kannte sich in der Gegend gut aus. Mit Gewehr und Pistole bewaffnet sei er durch den Haupteingang in die Bibliothek der Talmudschule gekommen, wo er sechs Magazine auf die Studenten abfeuerte, bevor er selbst erschossen wurde. Die Polizei spricht von einem „besonders schwerwiegenden“ Attentat, da der Täter im Besitz der israelischen Staatsbürgerschaft war. Die rechtsnationale Partei Israel Beteinu forderte eine Aussetzung der Friedensverhandlungen.