Polizei vermisst Berlins Bezirke

Der neue Kriminalitätsatlas untersucht Straftaten nach Bezirken und Kiezen. Deutliche Kritik im Innenausschuss

Berlin hat einen neuen Atlas. Herausgeber ist der Polizeipräsident von Berlin. „Kriminalitätsbelastung in öffentlichen Räumen“ heißt das 230 Seiten starke Machwert. Kriminalitätsatlas wäre griffiger, aber diesen Titel haben die Autoren bewusst nicht gewählt. Der Bericht sei nicht dazu gedacht, einzelne Stadtteile als gefährlich zu stigmatisieren und Angst zu schüren, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Wer das tue, handele unverantwortlich. Der Atlas über die Anzahl und die Orte der angezeigten Straftaten sei in erster Linie dazu gedacht, dass Stadtplaner in den Bezirksämtern und im Senat bei künftigen Projekten Sicherheitsaspekte berücksichtigen könnten.

Grundlage für den Atlas, der jedes Jahr fortgeschrieben werden soll, ist die am Freitag veröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Danach hat die Polizei in Berlin 2007 insgesamt 496.163 Straftaten erfasst. Das sind sind 0,1 Prozent weniger als im Vorjahr (taz berichtete). Aus dem Atlas geht hervor, dass im Bezirk Mitte mit 73.435 Fällen die meisten Straftaten geschehen. An zweiter Stelle kommt Charlottenburg-Wilmersdorf (49.860), dann Friedrichshain-Kreuzberg (45.421). Das Schlusslicht bildet Treptow-Köpenick (24.257), den vorletzten Platz belegt Spandau 26.459, davor steht Steglitz-Zehlendorf (26.911). Kapitalverbrechen wie Mord, Totschlag und Sexualdelikte sind in dem Atlas nicht berücksichtigt. Aufgelistet sind vielmehr alltägliche Delikte wie Straßenkriminalität, Diebstahl, Wohnungseinbrüche, Handtaschenraub, Fahrraddiebstahl und Sachbeschädigung. Dass Mitte auch bei Betrachtung der einzelnen Delikte führend ist, begründete Innensenator Ehrhard Körting (SPD) mit der Lage des Bezirks. In einer Innenstadt mit einem hohen Touristenaufkommen gebe es viel mehr Tatgelegenheiten, so der Senator.

Anders sieht es beim Diebstahl von Fahrrädern aus. Die meisten wurden 2007 in den Ortsteilen Pankow und Prenzlauer Berg geklaut, in Neukölln am wenigsten. Die meisten Wohnungseinbrüche ereigneten sich in Friedrichshain-Kreuzberg. Graffiti-Sprayereien wurden in der ganzen Stadt erfasst, aber die östlichen Bezirke sind hier führend.

Nicht bei allen Abgeordneten stieß der Atlas auf Freude. Schon als das Vorhaben im vergangenen Sommer bekannt wurde, hatten die Grünen vor einer überflüssigen Stigmatisierung der Kieze gewarnt. Der Bericht sei mit äußerster Vorsicht zu genießen, sagte der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Außer, dass sich die Straftaten in einigen Regionen häuften, sage die Verbrechensschau überhaupt nichts aus. Wenn der Bericht einen Sinn habe, dann für die Präventionsarbeit, so Ratzmann, und er forderte den Innensenator zur Vorlage eines Konzeptes auf.

Die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Marion Seelig, kritisierte, dass sich in dem Atlas nur Schautafeln und keine Kommentierung finde. „So gewinne man den Eindruck, im Wedding traut man sich gar nicht mehr aus dem Haus.“ Die Kommentierung soll nachgereicht werden. PLUTONIA PLARRE

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