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Archiv-Artikel

Haftstrafe für Spediteur Betz

Wegen Sozialversicherungsbetrug wird der Chef der Spedition Willi Betz zu fünf Jahren Haft und Geldstrafe verurteilt. Firma muss 36 Millionen Euro nachzahlen

STUTTGART ap ■ Das Landgericht Stuttgart hat den Spediteur Thomas Betz am Montag wegen Sozialversicherungsbetrugs, Bestechung, Urkundenfälschung und Verstoßes gegen das Ausländergesetz zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem muss Betz eine Geldstrafe in Höhe von 2,16 Millionen Euro zahlen. Weitere 36 Millionen Euro bezahlt das Unternehmen, die Reutlinger Spedition Betz. Da die Untersuchungshaft auf die Haftstrafe angerechnet wurde, konnte Betz den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.

Bei den Zahlungen des Unternehmens handelt es sich zum Großteil um Steuern und Abgaben an Finanz- und Zollamt sowie Rentenversicherungsträger. Betz, der lange Zeit seine Unschuld beteuert hatte, hatte zu Beginn des Jahres ein Geständnis abgelegt. Er gab zu, von 1999 bis 2002 die Lastwagenfahrer eines bulgarischen Tochterunternehmens der Firma Betz von Deutschland aus beschäftigt zu haben, ohne sie dort zur Sozialversicherung anzumelden.

Um die Fahrer einsetzen zu können, erschlich er zudem bei der deutschen Botschaft in Sofia und dem Ausländeramt in Reutlingen mehr als 1.000 Visa. Außerdem erhielten ausländische Beamte in Aserbaidschan und Georgien Schmiergelder. Urkundenfälschung schließlich lag wegen gefälschter bulgarischer Kennzeichen an Fahrzeugen des Unternehmens Betz vor. Mit angeklagt waren zwei Angestellte der Spedition, die wegen Beihilfe zu einer zwei- und einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt wurden.

In einer Stellungnahme wies Betz nach der Urteilsverkündung darauf hin, dass mit Blick auf den Hauptanklagepunkt, die Beschäftigung der bulgarischen Lastwagenfahrer, vor acht Jahren große Rechtunsicherheit geherrscht habe. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Schwarz bestätigte diese Einschätzung bei der eineinhalbstündigen Urteilsverkündung. „Hier wurde Neuland betreten“, sagte er über das Verfahren, das mehr als 600 Ermittlungsordner und eine 112-tägige Hauptverhandlung umfasste, bei der 97 Zeugen gehört wurden.

Richter Schwarz lobte gleichzeitig die Einsicht des Angeklagten, ein Geständnis abzulegen. „Das Verfahren drohte zu einem endlosen Prozess zu werden. Nun herrscht durch die Zusammenarbeit Rechtsfrieden. Dieses Kapitel der Firmengeschichte sollte damit endgültig abgeschlossen werden.“

Ein solches Zeichen will offenbar auch Betz selbst setzen: Der 49-Jährige wird im Unternehmen Betz keine operativen Aufgaben mehr übernehmen, sondern die Firma als Gesellschafter begleiten. Die Speditionsgruppe floriert. Sie beschäftigt 8.000 Mitarbeiter, ist in mehr als 20 Ländern präsent und peilt im laufenden Geschäftsjahr einen Umsatz von 1 Milliarde Euro an.