kurzkritik
: Der letzte Verrat

Den Film „In einem Jahr mit 13 Monden“ drehte Rainer Werner Fassbinder 1978 als Reaktion auf den Selbstmord seines damaligen Freundes. Der Film erzählt eine Passionsgeschichte, und auch die Inszenierung von Andreas Bode am Deutschen Schauspielhaus betont bewusst den christologischen Aspekt.

Die letzten fünf Tage der Transsexuellen Elvira Weishaupt haben begonnen. Begleitet von der Nutte Zora, die wie einst Judas den letzten Verrat an Elvira begehen wird, begegnet sie noch einmal den Menschen, die sie geliebt hat. So etwa Anton, für den Elvira sich vor vielen Jahren zur Frau machen ließ.

In dem Verlust des Geschlechts und der eigenen Identität spiegelt sich das christliche Konzept der Entäußerung wider. In der biblischen Terminologie gilt sie als Vorstufe zum Empfang der göttlichen Gnade. Elvira dagegen zerbricht an ihrer Umwelt, der sie jetzt, da sie nichts mehr zu geben hat, gleichgültig geworden ist.

Liebe ist hier ein Leidensdienst, der sich in konsequenter Selbsterniedrigung äußert. Von ihrem Freund Christoph lässt Elvira sich verspotten, sie kriecht vor ihm wie ein Hund auf allen Vieren. „Schau dich doch mal im Spiegel an“, sagt er zu ihr. „Ich seh mich dich lieben“, sagt Elvira.

Ihr Leben ist ein Modell der Verlassenheit. Deshalb ist es am Ende fast gleichgültig, an wessen Beispiel die Geschichte erzählt wird. Jeder kennt sie. ALW

Nächste Aufführungen: 29. und 30. März, 20 Uhr, Schauspielhaus